Rattenangeln im Plattenbau: Göttingen kämpft gegen unhaltbare Zustände!
Zwei Männer angeln eine Ratte in einem verwahrlosten Göttinger Wohnkomplex; unhaltbare Zustände und Mietproblematik im Fokus.

Rattenangeln im Plattenbau: Göttingen kämpft gegen unhaltbare Zustände!
In Göttingen, Niedersachsen, herrschen besorgniserregende Zustände in einem Wohnkomplex an der Groner Landstraße 9. Ein jüngst aufgetretener Vorfall zeigt die prekären Lebensbedingungen: Zwei Männer angeln eine lebende Ratte direkt am Küchenfenster und töten sie. Dieser Vorfall verdeutlicht die mangelhaften hygienischen Verhältnisse, die von den Bewohnern als nicht hinnehmbar beschrieben werden. Der 12-stöckige Block, der platzt aus allen Nähten und 759 Menschen aus 30 Nationen beherbergt, gilt als stark verfallen. Mit Müllbergen, verrosteten Autos und unangenehmen Gerüchen in den Fluren, berichten die Anwohner von Ratten in Katzengröße – ein Alarmzeichen für die Gesundheitsbehörden.
Die Stadt Göttingen hat in einer offiziellen Begehung die „unhaltbaren Zustände“ in diesem Wohnblock festgestellt. Rund ein Drittel der Wohnungen steht leer, während ungezieferbefall und große Müllberge das Bild abrunden. Auch vier herrenlose Hundewelpen wurden vor Ort gefunden. Oberbürgermeisterin Petra Broistedt (SPD) erklärte die Wohnungen für unbewohnbar und drängt die Wohnungseigentümer, die Missstände schnellstmöglich zu beseitigen. Gleichzeitig appelliert sie an die Bewohner, für mehr Ordnung zu sorgen. Trotz der schlechten Bedingungen sind die Mieten in diesem Block hoch, was vor allem für die Eigentümer lukrativ bleibt, da viele Mieter auf Sozialleistungen angewiesen sind.
Konsequenzen und Forderungen
Der Hauptvermieter des Gebäudes ist insolvent, und Handwerker lehnen Aufträge zur Behebung der Missstände ab. Der Aufzug ist seit über einem Jahr außer Betrieb, da der Hausverwalter angibt, es fehle an finanziellen Mitteln für die Reparaturen. Stadt und Landkreis zahlen jährlich rund 1,28 Millionen Euro an Mieten und Nebenkosten, größtenteils an den Insolvenzverwalter. Ein Stadtsprecher äußerte, dass die Lebensbedingungen in einem solchen Ausmaß inakzeptabel sind, eine rechtliche Unbewohnbarkeitserklärung jedoch juristisch schwer durchzusetzen ist.
Dazu äußert die Hausverwaltung, die Coeles GmbH, dass die hohen Kosten für Müll, Schädlingsbekämpfung und Vandalismus durch die Mieterschaft selbst verursacht würden. Darüber hinaus haben in den letzten Tagen mehrere Brände innerhalb des Wohnblocks, einer davon als Brandstiftung eingestuft, weitere Sorgen aufgeworfen. Die Stadt beauftragte mehrere Hundert Polizisten, um den Zustand des Wohnblocks zu überwachen.
Der breitere Kontext der Wohnungskrise
Die Situation in Göttingen steht im Einklang mit der anhaltenden Wohnungskrise, die viele Teile der Europäischen Union betrifft. Etwa 10 % der Haushalte in der EU geben mehr als 40 % ihres Einkommens für Wohnraum aus, was die Notwendigkeit eines effektiven Zugangs zu angemessenem Wohnraum unterstreicht. Die European Pillar of Social Rights von 2017 verlangt, dass der Zugang zu Wohnraum als grundlegendes Recht anerkannt wird. In diesem Kontext wird auch eine Überarbeitung der Vorgaben für staatliche Beihilfen zur Unterstützung des Wohnsektors geplant.
Die EU-Strategien gegen Obdachlosigkeit, zusammen mit Initiativen zur Verbesserung der Energieeffizienz in Wohngebäuden, könnten eine Grundlage für zukünftige Lösungen bieten. Der in der Planung befindliche erste Europäische Plan für erschwinglichen Wohnraum stellt eine Antwort auf diese drängenden Probleme dar. Während einige Maßnahmen auf EU-Ebene auf den Weg gebracht werden, bleibt die Verantwortung für die Wohnungspolitik in erster Linie bei den Mitgliedstaaten, was die Herausforderungen im lokalen Kontext von Göttingen noch verstärkt.
Insgesamt bleibt abzuwarten, welche Maßnahmen sowohl auf städtischer als auch auf europäischer Ebene ergriffen werden, um den Missständen in Göttingen und anderen Städten in der EU entgegenzuwirken. Die Situation verdeutlicht, wie dringend Lösungen in den Bereichen Wohnraum und soziale Gerechtigkeit benötigt werden.
Für weitere Informationen zu den bedrückenden Lebensbedingungen in Göttingen, besuchen Sie exxpress, ndr und europäisches Parlament.