In Tirol ist die Bedeutung der Berge für die Trinkwasserversorgung unverkennbar: Etwa 90 Prozent des Trinkwassers des Bundeslandes stammen aus Gebirgen, während nur 10 Prozent über Brunnen aus Grundwasser gewonnen werden. Laut der Landschaftsökologin Ulrike Tappeiner von der Universität Innsbruck reicht die Wassermenge aus, um rund zwei Millionen Menschen zu versorgen, wobei Tirol nur 30 seiner insgesamt 55 Großquellen für die Trinkwasserversorgung nutzt.
Ein zentrales Element dieser Infrastruktur ist der Trinkwasserstollen im Halltal, der im Bezirk Innsbruck-Land liegt. Dieser wurde nach einem schweren Unwetter im Jahr 1992 errichtet, als eine Mure die bisherigen Wasserfassungen zerstörte und die Gemeinden Hall und Absam auf Tankwagen angewiesen waren, um Innsbruck mit Trinkwasser zu versorgen. Der Stollen, der von 1995 bis 2001 gebaut wurde, schützt das Wasser vor Muren und Lawinen und nutzt die geologischen Gegebenheiten des Bettelwurfmassivs optimal aus. Hier beginnt circa 700 Meter im Berginnern eine schützende Gesteinsschicht, die verhindert, dass Wasser ins Tal austritt.
Das Gedächtnis der Quelle
Laut Tappeiner dringt rund ein Viertel des Niederschlags, der auf der Bergoberfläche fällt, ins Gestein ein. Dieser Prozess dauert etwa zehn Jahre, während denen das Wasser gereinigt und mit Mineralien angereichert wird, bevor es im Stollen gesammelt wird. Daher zeigt sich der Einfluss von Starkregenereignissen nicht sofort auf der Wasserverfügbarkeit; man spricht in diesem Zusammenhang auch vom „Gedächtnis der Quelle“. Seit der Inbetriebnahme des Stollens ist jedoch ein Rückgang des Wasserdargebots um 20 bis 30 Prozent festgestellt worden. Dennoch gibt es positive Anzeichen, dass die Ausflussmenge seit 2021 wieder ansteigt, auch wenn die genaue Ursache noch nicht ermittelt werden konnte, so Alfred Ropic, Leiter der Abteilung Wasser/Wärme bei der Hall AG.
Bezüglich der Klimakrise zeigen sich die beiden Experten optimistisch. Ropic und Tappeiner sehen gegenwärtig keine kritischen Auswirkungen auf den Wasserhaushalt Tirols, auch wenn sich die Temperaturen erhöhen. Tappeiner erklärt, dass die Niederschlagsmengen stabil bleiben oder sogar leicht ansteigen könnten. Sie hebt hervor, dass trotz einer theoretischen Abnahme der Wasserverfügbarkeit bei einer Temperatursteigerung um vier Grad Celsius, die Wassermenge immer noch ausreichend bleibt.
Verantwortung für die flussabwärts gelegenen Gebiete
Die Sicherstellung einer verantwortungsbewussten Wassernutzung ist jedoch von großer Bedeutung. Tappeiner betont, dass die Länder, aus denen große Flüsse entspringen, auch Verantwortung für die Bereiche flussabwärts tragen müssen. Beispielhaft erwähnt sie die Wasserknappheit, die vor einigen Jahren in den italienischen Regionen Trentino und Veneto auftrat, wo Südtirol aufgefordert wurde, mehr Wasser aus seinen Stauseen freizugeben. Dies geschah, obwohl dieses Wasser für die Energieproduktion nicht benötigt wurde.
Tappeiner weist darauf hin, dass alles Wasser, das verbraucht oder verschmutzt wird, in den Unterliegern nicht mehr zur Verfügung steht. Zudem müssen große Städte, auch in den Flachländern Deutschlands und Europas, ihre Trinkwasserversorgung aus Flüssen sicherstellen und das Wasser entsprechend aufbereiten. Damit unterstreicht sie die Dringlichkeit einer nachhaltigen Wasserbewirtschaftung und betont die Wichtigkeit der Gebirgen für die Wasserversorgung von Tirol und darüber hinaus.
Diese faszinierenden Aspekte der Wasserversorgung in Tirol sind nicht nur für die Region selbst, sondern auch für die umliegenden Gebiete von wesentlicher Bedeutung, denn sie zeugen von der engen Verbindung zwischen der natürlichen Umwelt und der Notwendigkeit einer vorausschauenden Planung in der Wasserwirtschaft. Eine detailliertere Analyse zu den Hintergründen dieser Situation findet sich in einem Bericht auf tirol.orf.at.
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