Österreich stoppt Familiennachzug: Was bedeutet das für Flüchtlinge?

Österreich setzt Familiennachzug für Flüchtlinge vorübergehend aus. Innenminister Karner betont Überlastung der Systeme.
Österreich setzt Familiennachzug für Flüchtlinge vorübergehend aus. Innenminister Karner betont Überlastung der Systeme. (Symbolbild/DNAT)

Österreich stoppt Familiennachzug: Was bedeutet das für Flüchtlinge?

Braunschweig, Deutschland - Am Mittwoch hat der Ministerrat in Österreich einen temporären Stopp des Familiennachzugs für Flüchtlinge beschlossen. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hält an seinem Kurs fest und begründet die Maßnahme mit einer Überlastung der bestehenden Systeme im Land. Diese Regelung tritt in wenigen Tagen nach Beschluss des Hauptausschusses in Kraft. Karner betont, dass Anträge auf Familiennachzug zwar eingebracht werden können, jedoch im kommenden halben Jahr nur in Ausnahmefällen behandelt werden. Insbesondere wird der Nachzug für Jugendliche erschwert, die keine geeigneten Betreuungspersonen vor Ort haben.

Der ministerielle Schritt hat weitreichende Konsequenzen, da im Mai nur 70 Einreisen unter dem Titel Familienzusammenführung registriert wurden. Viele dieser Anträge, insbesondere von syrischen Flüchtlingen, sind aufgrund des Machtwechsels in Damaskus ausgesetzt. Dies führt dazu, dass viele Familienmitglieder über lange Zeiträume voneinander getrennt bleiben müssen, was sowohl soziale als auch psychische Folgen mit sich bringt. So berichtet etwa Abdulaziz Hesso, ein Syrer, der mit seiner Tochter Youlia in Deutschland lebt, von der Verunsicherung in seiner Familie durch die geplante Aussetzung des Familiennachzugs.

Psychische Belastungen durch Trennungen

Die Trennung von Angehörigen ist nicht nur eine emotionale Belastung, sondern kann auch die psychische Gesundheit der Betroffenen stark beeinträchtigen. Studien zeigen, dass postmigratorische Stressoren, wie soziale Isolation und Diskriminierung, das Risiko für psychische Erkrankungen erhöhen, insbesondere bei Menschen mit bereits bestehenden Traumafolgestörungen. Zu den Belastungsfaktoren in Deutschland gehören neben der Wohnsituation auch lange Wartezeiten während des Asylverfahrens, die oft mit Angststörungen und Depressionen assoziiert sind

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Familien, die in Sammelunterkünften leben, berichten von fehlenden Rückzugsräumen für ihre Kinder, was die ohnehin schon schwierige Situation verstärkt. Zudem bedeutet die eingeschränkte Verfügbarkeit von sozialer Unterstützung und der Zugang zu gesundheitlichen Dienstleistungen eine zusätzliche Herausforderung für viele Flüchtlinge. Eine Diskriminierungserfahrung, struktureller Rassismus und fehlende Sprachmittlung führen außerdem häufig zu Fehldiagnosen und einer Chronifizierung von Erkrankungen.

Flüchtlingspolitik in der EU

Auf europäischer Ebene wird die Thematik des Familiennachzugs intensiv diskutiert. In Deutschland steht der Bundestag kurz davor, über einen Gesetzentwurf zu entscheiden, der für viele Geflüchtete mit eingeschränktem Schutzstatus bedeutende Auswirkungen auf das Recht auf Familiennachzug haben könnte. Schätzungen zufolge lebten Ende 2024 etwa 381.000 Menschen mit subsidiärem Schutzstatus in Deutschland, wobei rund 12.000 Visa für den Familiennachzug erteilt wurden. Die neue Regelung könnte dazu führen, dass Tausende von Familienmitgliedern weiter voneinander getrennt bleiben, was wiederum die Belastungen für die betroffenen Personen erhöht.

Es zeigt sich, dass die Selektion von Schutzansprüchen und die migrationspolitische Steuerung in Deutschland und Österreich eng miteinander verknüpft sind. Organisationen wie Caritas und Diakonie warnen vor den psychischen Belastungen, die solche Trennungen insbesondere für Kinder mit sich bringen können. Die Debatte um den Familiennachzug verdeutlicht die Spannungen zwischen individueller humanitärer Unterstützung und politischen Entscheidungen, die oft Teil weitergehender migrationspolitischer Strategien sind.

Zusammenfassend ist die Situation für viele geflüchtete Familien in Österreich und darüber hinaus stark angespannt, und die Auswirkungen politischer Entscheidungen auf deren psychische Gesundheit dürfen nicht unterschätzt werden. Die Herausforderungen, vor denen geflüchtete Menschen stehen, gehen weit über bürokratische Hürden hinaus und erfordern umfassende Lösungen sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene.

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OrtBraunschweig, Deutschland
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