Ehrung für Lotte Brainin: Neuer Wohnhof setzt Zeichen gegen Totalitarismus

Mela-Köhler-Gasse 7, 1220 Wien, Österreich - Am 20. Mai 2025 wurde in Wien der neue „Lotte-Brainin-Hof“ offiziell benannt, ein Gemeinschaftsprojekt, das 76 Wohnungen mit flexibler Raumeinteilung und nachhaltigen Materialien umfasst. Die Benennung des Wohnhauses fand in Anwesenheit des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig, der Vizebürgermeisterin Kathrin Gaál, der Kultur- und Wissenschaftsstadträtin Veronica Kaup-Hasler sowie Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy statt. Ehrengäste waren unter anderem Lotte Brainins Ehemann, Familienmitglieder und die Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek. Die neue Wohnanlage befindet sich in der Mela-Köhler-Gasse 7, in der Nähe des Elinor-Ostrom-Parks und der U2-Station Seestadt.
Der „Lotte-Brainin-Hof“ zielt darauf ab, ein Zeichen gegen Hass und Totalitarismus zu setzen, so Kaup-Hasler. Der Bürgermeister hob die Bedeutung von Lotte Brainins Vermächtnis und den Widerstand gegen den Nationalsozialismus hervor. Vizebürgermeisterin Gaál wies darauf hin, dass in der Seestadt insgesamt 65 Straßen, Plätze, Parks und Gebäude nach bedeutenden Frauen benannt sind. Im Kontext dieser Ehrung betonte Bezirksvorsteher Nevrivy die Verantwortung, die Erinnerung an Brainin und die Verbrechen des NS-Regimes wachzuhalten.
Lotte Brainins Leben und Widerstand
Lotte Brainin, geboren am 12. November 1920 in Wien als Charlotte Sontag, war eine bemerkenswerte Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus und überlebte bedeutende Gräueltaten des Regimes. In ihrer Jugend trat sie der sozialistischen Jugendorganisation Rote Falken bei und schloss sich 1934 dem Kommunistischen Jugendverband Österreichs an. Nach der ersten Verhaftung emigrierte sie nach Belgien, wo sie sich der Widerstandsgruppe Österreichische Freiheitsfront anschloss. Bei der Verbreitung einer Antikriegszeitung wurde sie 1943 jedoch festgenommen und ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Im Lager war sie im lagerinternen Widerstand aktiv und versuchte, ein Krematorium zu sprengen.
Brainin überlebte einen Todesmarsch und konnte Ende April 1945 aus dem KZ Ravensbrück fliehen. Nach dem Krieg kehrte sie nach Wien zurück, wo sie ihren Mann Hugo Brainin traf. Das Paar hatte zwei Töchter, Elisabeth und Marianne, die beide Psychologie studierten und als Zeitzeuginnen auftraten. Brainin geriet auch nach dem Krieg nicht in Vergessenheit; sie trat im Ravensbrück-Prozess als Zeugin auf, was zur Verurteilung einer Täterin führte. Bis zu ihrem Tod am 16. Dezember 2020 setzte sie sich für die Erinnerung an die Gräueltaten des NS-Regimes ein.
Frauen im Widerstand
Die Geschichte von Lotte Brainin ist Teil eines umfassenderen Kontextes, in dem Frauen eine zentrale Rolle im Widerstand gegen das NS-Regime spielten. Viele Frauen, darunter auch Angehörige der Widerstandsgruppen wie die „Weiße Rose“ oder die „Österreichische Freiheitsfront“, trugen zur Bekämpfung des Nationalsozialismus bei. Beispielsweise war Sophie Scholl eine der prominentesten Figuren, die für ihre Proteste gegen das Regime mit ihrem Leben bezahlten. Diese Frauen, oft in einer von Männern dominierten Zeit, übernahmen entscheidende Rollen in verschiedenen Widerstandsformen und trugen erheblich zur Opposition gegen die Diktatur bei.
Lotte Brainins Lebensgeschichte und ihr unermüdlicher Einsatz für Menschlichkeit und gegen Totalitarismus sind somit nicht nur ein persönliches, sondern auch ein kollektives Vermächtnis, das uns daran erinnert, die Stimme gegen Ungerechtigkeit zu erheben. Eine digitale Ausstellung über ihr Leben ist auf www.brainin.at/lotte verfügbar.
Details | |
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Vorfall | Sonstiges |
Ort | Mela-Köhler-Gasse 7, 1220 Wien, Österreich |
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