Die dunkle Geschichte der „Reichskristallnacht“ wird am 9. November 2024 zum 86. Mal erinnert, ein Gedenktag, der die massiven Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung in Österreich ins Gedächtnis ruft. Waltraud Neuhauser-Pfeiffer, eine engagierte Historikerin, bringt das leidvolle Schicksal der Familie Schirok ans Licht, um zu zeigen, wie tief die nationalsozialistische Verfolgung auch in Steyr eindrang.
Ludwig Schirok, der 1881 in Polen geboren wurde, war in Steyr als „Borstenzurichter“ tätig und führte zusammen mit seiner zweiten Frau Netty einen Branntwein- und Gemischtwarenhandel in der Fabrikstraße 14. Nach dem Selbstmord seiner ersten Frau Elisabeth im Jahr 1913 fand Ludwig mit Netty einen neuen Lebenspartner. Besonders tragisch ist, dass Netty, bedrängt von der zunehmenden Bedrohung durch das NS-Regime, am 10. April 1938 Selbstmord beging – nur einen Monat nach dem „Anschluss“ Österreichs, in dem die Nationalsozialisten die Macht übernahmen.
Flucht und Verfolgung
Wie viele andere Jüdinnen und Juden war auch Ludwig Schirok gezwungen, sein Heim zu verkaufen, nachdem obertäglige Diskriminierungen und Verfolgungen seinen Alltag bestimmten. Der Verkauf seines Hauses, das er 1919 erworben hatte, war Teil einer breiteren Handlung, in der das nationalsozialistische Regime von den Enteignungen der jüdischen Bevölkerung profitierte. Auch die finanzielle Ausbeutung in Form von Abgaben war weit verbreitet.
Ende 1938 zwang die Situation Ludwig dazu, nach Wien zu ziehen. Die Stadt wurde zum Ort seiner letzten Jahre, in denen er mehrmals die Wohnadresse wechselte, stets in der Angst vor der bevorstehenden Verhaftung. Währenddessen schafften es seine Kinder aus den ersten und zweiten Ehen, die furchtbare Situation zu überleben – sie flüchteten in verschiedene Länder, darunter Palästina, Großbritannien und die USA.
In Wien fand Ludwig eine dritte Ehefrau in Gisela Vogelhut. Doch der Schrecken nahm kein Ende. Bevor sie deportiert wurden, sah sich das Paar gezwungen, eine „Sondervollmacht“ zu unterschreiben. Dieses Dokument übertrug alle verbliebenen Rechte über ihr Eigentum an die „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“. Diese abscheuliche Zwangssituation verdeutlicht, wie das Regime die jüdische Bevölkerung zu einem kompletten Verlust ihrer Identität und Existenz brachte.
Am 3. Dezember 1941 wurden Ludwig und Gisela Schirok schließlich von Wien nach Riga deportiert. Dort fand ihre tragische Geschichte ein Ende – beide wurden ermordet. Diese grausamen Taten sind Teil der dunkelsten Kapitel der Geschichte, das unterstreicht, wie wichtig es ist, das Gedenken an die Opfer wachzuhalten.
Um die Erinnerung an Ludwig und Netty Schirok zu bewahren, wurden im Juni 2024 zwei „Stolpersteine“ vor ihrem ehemaligen Wohnhaus in der Fabrikstraße 14 eingeweiht. Diese Steine stehen symbolisch für die vielen verlorenen Leben und die Trauer um die, die vom NS-Regime verfolgt und ermordet wurden. Waltraud Neuhauser-Pfeiffer setzt sich für eine umfassende Aufklärung über diese Gräueltaten ein, um das Gedächtnis an die Opfer lebendig zu halten und zukünftige Generationen zu sensibilisieren.
Für mehr Informationen über die traurigen Schicksale und die Erinnerungsarbeit kann ein detaillierter Bericht auf www.tips.at nachgelesen werden.