Ein Überlebender erzählt: Hassan Ali, ein 23-jähriger Pakistani, hat das Unvorstellbare erlebt. Er fiel in die eisigen Gewässer des Mittelmeers und dachte an seine beiden kleinen Söhne, die er zurückgelassen hatte. In einem Moment der Verzweiflung, umgeben von Dunkelheit und Kälte, stellte er sich vor, wie viele andere aus seinem Heimatdorf in der Punjab-Provinz, die ebenfalls den Traum von Europa verfolgten, ihre letzten Gedanken an die Heimat hatten.
„Ich hatte von so vielen gehört“, berichtet Hassan, während er von einem Flüchtlingslager in Malakasa, nahe Athen, spricht. „Ich konnte nicht schwimmen und war mir sicher, dass ich ertrinken würde.“ Doch dann passierte das Unglaubliche: Ein Seil wurde ihm zugeworfen. „Ich hielt fest, als wäre es mein Leben.“ Hassan war der erste, der in den frühen Morgenstunden des 14. Dezember von einem Handelsschiff gerettet wurde. Eine dramatische Rettungsaktion, die zwei Tage dauerte und an der neun Schiffe, darunter die griechische Küstenwache, beteiligt waren.
Die Tragödie auf See
Doch nicht alle Überlebenden konnten gerettet werden. Griechische Behörden bestätigten mindestens fünf Tote und mehr als 200 Überlebende nach vier separaten Rettungsaktionen. Tragisch ist, dass drei Boote zwischen dem 14. und 15. Dezember in der Nähe der Insel Gavdos kenterte. Mindestens 35 Pakistaner werden weiterhin vermisst.
Hassans Reise begann vor über drei Monaten, als er seine Familie in der Nähe der Industriestadt Gujrat verließ. Mit einem Einkommen von 42.000 Rupien (150 Dollar) im Monat war es ihm unmöglich, ein würdevolles Leben zu führen. „In Pakistan kann man mit so einem Gehalt nicht leben“, erklärt er. Verzweifelt entschloss er sich, den gefährlichen Weg nach Europa zu wagen. Seine Familie verkaufte Land und Schmuck, um die Reise zu finanzieren.
Die Hölle in Libyen
In Libyen erlebte Hassan das Grauen. Anstatt auf ein Boot gesetzt zu werden, landete er in einem überfüllten Lager, wo mehr als 100 Männer in einem kleinen Raum eingesperrt waren. „Wir bekamen täglich ein Stück Brot und hatten nur eine fünfminütige Toilettenpause“, erzählt er. Wer sich beschwerte, wurde brutal geschlagen. „Es war ein Albtraum.“ Schließlich wurden sie auf ein überfülltes Boot gepfercht, das für 40 Personen ausgelegt war, und setzten die gefährliche Reise über das Mittelmeer fort.
Nach 40 Stunden auf See kenterte das Boot. „Als ich ins Wasser fiel, hielt ich den Atem an“, erinnert sich Hassan. Doch das Schicksal hatte es gut mit ihm gemeint: Er griff nach dem rettenden Seil und wurde an Bord gezogen. „Es ist ein Wunder, dass ich überlebt habe“, sagt er mit einem Hauch von Unglauben in der Stimme.
Jetzt lebt Hassan im Flüchtlingslager Malakasa, umgeben von anderen Überlebenden, und hat eine klare Botschaft für alle, die ähnliche Wege in Betracht ziehen: „Nach dem, was wir erlebt haben, bitte ich jeden, niemals diesen Weg zu wählen. Es ist das Risiko nicht wert.“
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