In Wien zeigt sich ein alarmierendes Bild: Zahlreiche Wohnhäuser, die im Besitz von großen Immobilienunternehmen sind, verfallen vor sich hin. Fenster sind zerbrochen, Dächer sind offen, und Schimmel breitet sich in den Wohnungen aus. Während die Mieter:innen machtlos zusehen müssen, wie sich der Zustand ihrer Wohnräume verschlechtert, wird dabei mutmaßlich absichtlich von den Eigentümern nichts unternommen. Dies ist das Ergebnis jahrelanger Berichterstattung durch MOMENT.at über die sogenannten Schrotthäuser, und die Stadt Wien hat jetzt entschlossen, aktiv zu werden.
Vor wenigen Tagen wurde bekanntgegeben, dass die Stadt in vier besonders eklatanten Fällen die Beteiligung der Behörden sucht, um eine Zwangsverwaltung in die Wege zu leiten. Dies bedeutet, dass die Stadt die Verantwortung für die Instandsetzung der betroffenen Gebäude übernehmen könnte, während die Kosten den Eigentümern aufgebürdet werden. Diese Maßnahme wäre ein bedeutender Schritt, denn bisher waren es hauptsächlich die Mieter:innen, die solche Anträge stellen mussten, was viele von ihnen abgeschreckt hat.
Wien geht gegen spekulative Praktiken vor
Die Stadt hat die Initiative ergriffen, um den Druck von den Mieter:innen zu nehmen. Christian Bartok, der Bereichsleiter der Wiener Mieterhilfe, bezeichnete die aktuellen Entwicklungen als „historisch“. Es sei das erste Mal, dass eine Gemeinde die Zwangsverwaltung beantragt, während es im Mietrechtsgesetz schon lange dafür die Erlaubnis gibt. Mit dieser Entscheidung könnten bis zu zwölf weitere Gebäude, die als akut spekulativ gelten, ebenfalls unter Beobachtung stehen.
Die Vorwürfe gegen die Immobilienbesitzer:innen sind schwerwiegend und reichen von Untreue und Betrug bis hin zu krimineller Vereinigung. Die Stadt Wien hat angekündigt, weitere rechtliche Schritte zu prüfen und Sachverhaltsdarstellungen bei der Staatsanwaltschaft einzureichen. Dabei sind Delikte wie Sachwucher, Veruntreuung und Nötigung im Rahmen der Ermittlungen aufgeführt.
Das Trübe Bild wird durch den Umstand verstärkt, dass die Immobilienunternehmen häufig dazu übergehen, die Mieter:innen aktiv aus ihren Wohnungen zu drängen. Dies geschieht, indem sie notwendige Instandhaltungsarbeiten vernachlässigen und einfach die Reinigung der Immobilien einstellen. Mieter:innen berichten von eklatanten Mängeln, und viele stehen vor der schwierigen Entscheidung, ihre Mietverträge aufzulösen, oft unter Druck oder gegen kleine Abfindungen.
Ein spezifisches Beispiel, das MOMENT.at dokumentiert hat, betrifft ein baufälliges Haus in Wien-Margareten, das derartige Missstände veranschaulicht. Der Gesundheitszustand der dort lebenden Bewohner:innen wird durch die mangelhaften Verhältnisse erheblich gefährdet. Im Herbst 2023 wurde in diesem Fall ein Antrag auf „wirtschaftliche Abbruchreife“ genehmigt, was die Schwere der Situation unterstreicht.
Die Stadtverwaltung kann mit der Zwangsverwaltung nicht nur Instandsetzungen initiieren, sondern auch Mieteinnahmen generieren, um die Renovierungen zu finanzieren. In diesem System könnten Zwangsverwalter:innen sogar neue Mietverträge abschließen, um die Verhältnisse langfristig zu stabilisieren.
Wien setzt damit ein starkes Signal gegen spekulatives Verhalten im Immobiliensektor. Viele Mieter:innen wünschen sich nichts sehnlicher, als dass die Stadt auch in anderen Fällen aktiv wird, und die jüngsten Entwicklungen versprechen zumindest einen Hoffnungsschimmer für jene, die lange unter den Verhältnissen in Schrotthäusern leiden mussten. Allgemein könnt ihr mehr zu diesen Themen verfolgen, einfach auf MOMENT.at nachlesen.