Direkt vor der attraktiven Gründerzeitvilla in der Dresdner Straße 79 wird deutlich, wie vieles, was einst der Abrissbirne zum Opfer fallen sollte, heute eine bedeutende Rolle im Stadtbild spielt. Diese Villa, die seit mehr als 30 Jahren das Bezirksmuseum Brigittenau beherbergt, war zu Anfang der 80er Jahre eigentlich zum Abriss freigegeben. Ihre Rettung war kaum vorstellbar, doch sie überrascht die Besucher mit ihrer charmanten Präsenz und einem reichen Erbe.
Richard Felsleitner, ehemaliger Lehrer und jetzt Museumsleiter, lässt sich oft vor dem Museum mit einer Zigarette nieder. „Die Brigittenau hat einfach alles“, sagt er und blickt auf die vorbeifahrende Straßenbahnlinien. Er lebt bereits seit mehr als einem halben Jahrhundert im Bezirk und hat hier seine Wurzeln geschlagen.
Eine Ausstellung zur Donauregulierung
Die Geschichte des Bezirks ist eng mit der Donauregulierung verbunden. Im Garten der Villa gibt es einen neuen Pavillon, den „Donauraum“, der kürzlich eröffnet wurde. Diese Dauerausstellung entstand in Kooperation mit der Kuratorin Anna Jungmayr vom Wien Museum und thematisiert die historische Entwicklung, die die Entstehung des heutigen Bezirks prägte. Gezeigt wird unter anderem ein Plan von Wien, als die Donau noch unreguliert durch das Gebiet floss.
„Früher war hier alles Aulandschaft, und Überschwemmungen waren eine ständige Gefahr“, erklärt Felsleitner und hebt einen alten Stadtplan hervor. Eine der eindrucksvollsten Exponate im Donauraum ist ein Taucheranzug, der früher von Donautauchern bei Bergungsarbeiten genutzt wurde.
Bei der Erkundung des Museums geht es nicht nur um die Landschaft, sondern auch um die Themen Kommunikation und Technologie. Felsleitner hebt hervor, dass die Villa einst der Sitz der „Telephon- und Telegraphenfabrik Czeija, Nissl & Co.“ war, vor deren Toren über 100 Jahre zuvor die erste Radiosendung in Österreich ausgestrahlt wurde.
Bezirk voller Geschichte
Der Charme der Brigittenau liegt nicht nur in ihrer Geschichte, sondern auch in den Menschen, die hier gelebt haben. Im Museum hat Felsleitner eine Ecke für lokale Helden eingerichtet. Hier wird unter dem Titel „Opfer des Faschismus“ an Figuren wie Maria Restituta erinnert, die aufgrund ihres unerschütterlichen Glaubens und ihrer moralischen Standhaftigkeit von den Nazis ermordet wurde. Auch Anton Schmid, ein Elektrogeschäftsinhaber, der im Zweiten Weltkrieg über 300 jüdische Menschen vor dem Tod rettete, wird gewürdigt. „Er war wie Oskar Schindler, nur aus Wien“, beschreibt Felsleitner.
Die Brigittenau hat sich über die Jahre verändert. Felsleitner erzählt, dass die Wallensteinstraße einst eine blühende Einkaufsstraße war, die durch den Bau der Millennium City einen massiven Wandel erlebte. Während viele diese Veränderungen bedauern, blickt er zuversichtlich auf die zukünftige Entwicklung im Bezirk. Mit dem neuen Stadtteil, der auf dem Gelände des ehemaligen Nordwestbahnhofs geplant ist, erwartet er eine stärkere Zusammenführung der Gemeinschaft.
Die Besucher des Bezirksmuseums Brigittenau können nicht nur in die Geschichte eines einzigartigen Stadtteils eintauchen, sondern auch das reiche Erbe der Region neu entdecken. Montag bis Freitag gibt es die Möglichkeit, sich an verschiedenen Veranstaltungen im Museum zu beteiligen und mehr über die kulturelle Vielfalt und die historischen Rückblicke zu erfahren. Der Eintritt ins Museum ist kostenlos.
Das Bezirksmuseum Brigittenau liegt in der Dresdner Straße 79 und ist jeden Sonntag von 10 bis 12 Uhr sowie donnerstags von 17 bis 19 Uhr geöffnet. Detaillierte Informationen finden sich auf der Website des Museums.
So bleibt die Brigittenau auch bei den neuen Herausforderungen ein Ort, der seine Geschichte und Identität mit Stolz bewahrt.
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