Ein außergewöhnlicher Fall beschäftigt derzeit die Gerichte in Graz: Eine 15-Jährige steht wegen versuchten Mordes vor Gericht. Der Hintergrund ist tragisch und kompliziert, da die Angeklagte selbst zuvor Opfer eines brutalen Übergriffs wurde. Am 1. Juni stach sie einem Mädchen in den unteren Rücken, offenbar aus einem Gefühl der Vergeltung.
Der Vorfall geht auf einen brutalen Angriff zurück, der sich bereits im Februar dieses Jahres ereignete. Damals wurde die Jugendliche von mehreren anderen Mädchen in ein Haus gelockt und dort mit Schlägen und Tritten verletzt. Das Ganze ging so weit, dass sie sogar mit einer Eisenstange traktiert und ihre Haare sowie Kleidung angezündet wurden. Ein Grund für die daraus folgende Racheaktion war, dass die Angeklagte angeblich gelacht hatte, als der Bruder eines der Angreifer wegen einer Drogenüberdosis wiederbelebt werden musste.
Die Tat und ihre Umstände
In der darauf folgenden Zeit spitzte sich die Situation zu: Innerhalb von Monaten fühlte sich die Angeklagte genötigt, zurückzuschlagen. Sie nahm ein Messer mit und suchte eine der Mädchen auf, die sie zuvor verletzt hatten. Bei dieser Auseinandersetzung forderte sie eine Entschuldigung, die jedoch verweigert wurde. Als das andere Mädchen weiterging, folgte die 15-Jährige ihr und stach zu – dabei sollte der Stich eigentlich in die Pobacke gehen, traf aber letztlich den Rücken.
Interessanterweise hatte die 13-jährige Schwester der Beschuldigten ursprünglich die Tat gestanden. Da sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht strafmündig war, könnte dies einen Hinweis auf die Planungsabsicht der Tat geben, wie die Staatsanwältin argumentiert. Dennoch betrachtete der Verteidiger dieses Vorgehen als ein Zeichen von Unüberlegtheit und nicht als ein kalkuliertes Verbrechen.
Die Reaktionen und die Folgen
Belastend für die 15-Jährige waren unter anderem auch Schriftstücke, die während ihrer Haftzeit gefunden wurden. In diesen Dokumenten äußerte sie sich abfällig gegenüber anderen, was die Richter und die Staatsanwaltschaft als verdächtig ansahen. Der Verteidiger hingegen interpretierte diese Äußerungen als Ausdruck ihrer Emotionen und von Frustration über ihre Situation.
Der Anwalt der Angeklagten äußerte zudem seine Bedenken über die allgemeine Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft. Er forderte nicht nur eine gerechte Behandlung für seine Mandantin, sondern auch ein Umdenken in der Politik, um der Spirale der Gewalt entgegenzuwirken. „So kann das nicht weitergehen, dass jeder jeden absticht“, erklärte er im Gerichtssaal. Die psychischen Folgen des Vorfalls seien bei der Angeklagten bereits spürbar: Sie leidet unter posttraumatischen Symptomen, einschließlich Flashbacks und Schlafstörungen.
Während der Verhandlung war das Publikum ausgeschlossen, um die Privatsphäre der Beteiligten zu schützen. Ein Urteil wird bis zum Nachmittag erwartet. Diese dramatische Geschichte wirft einen Schatten auf die Probleme im Umgang mit Gewalt unter Jugendlichen. Für weitere Informationen zu diesem spezifischen Vorfall, siehe den Bericht auf www.diepresse.com.