In Hessen gibt es alarmierende Nachrichten über den Zustand der Flüsse und Bäche. Diese Wasserläufe sind nicht nur Lebensräume für zahlreiche Tierarten, sondern auch wichtige Teile des Ökosystems. Um mehr über diese Gewässer zu erfahren, hat die ARD eine Mitmachaktion mit dem Titel #UnsereFlüsse ins Leben gerufen. Die Reaktionen auf diese Aktion sind erfreulich groß, jedoch zeigen die Ergebnisse einen ernüchternden Zustand.
Fast 3.000 Bürgerinnen und Bürger haben sich an der Erhebung beteiligt und den Zustand von etwa 100 Bächen dokumentiert. Sie beantworteten Fragen zu den Wasserläufen und lieferten Fotos, um die Situation sichtbar zu machen. Johannes Kuhn aus Frankfurt ist einer der Teilnehmer; er hat den Urselbach untersucht, wo er regelmäßig mit seiner Hündin unterwegs ist. „Es war einfach großartig zu sehen, dass man mit so wenig Aufwand etwas für die Umwelt tun kann“, sagt er über seine Erfahrung bei der Aktion.
Schockierende Ergebnisse der Bäche in Hessen
Die Auswertung der Mitmachaktion, durchgeführt vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, zeigt jedoch alarmierende Zahlen: Zwei Drittel der Bäche in Hessen sind in einem schlechten Zustand, während lediglich 25 Prozent gut befundene Gewässer sind. Die Ursachen dafür sind vielfältig. "Viele Gewässer wurden begradigt oder in Betonrinnen verwandelt", erklärt Martin Friedrichs-Manthey vom Helmholtz-Zentrum. Zudem fehlen oft ausreichende Gewässerrandstreifen, die als Puffer zwischen Wasser und landwirtschaftlichen Flächen oder Straßen fungieren. Solche Randstreifen könnten dazu beitragen, Schadstoffe, die bei starkem Regen in die Gewässer gelangen, zu filtern.
Die Behörden bemühen sich bereits seit vielen Jahren um die Verbesserung der Situation. Laut der EU-Wasserrahmenrichtlinie sollen bis zum Jahr 2027 alle Fließgewässer in einem ökologisch guten Zustand sein. Allerdings haben die aktuellen Daten gezeigt, dass Hessen noch weit von diesem Ziel entfernt ist. Der Stand blieb seit 2014 bei 4,8 Prozent unverändert. Aktuell sind lediglich 11,1 Prozent der Bäche in Hessen in gutem Zustand.
Renaturierungsprojekte und massive Herausforderungen
Um dem schlechten Zustand der Gewässer entgegenzuwirken, wurde 2019 das Programm „100 wilde Bäche für Hessen“ ins Leben gerufen. Ziel ist es, 100 Bäche vollständig zu renaturieren. 155 Kommunen haben bereits an diesem Programm mitgewirkt und erhalten dafür Unterstützung von den Behörden. Aber das Ziel ist ambitioniert und angesichts der verbleibenden drei Jahre bis zur Frist der EU-Richtlinie erscheinen die Herausforderungen gewaltig. Jörg Nitsch, Vorstand des BUND Hessen, beschreibt die Aufgabe als Herkulesarbeit und weist darauf hin, dass es nicht nur an finanziellen Mitteln mangelt, sondern auch an der Zeit, um die notwendigen Maßnahmen durchzuführen.
Die jahrelange Begradigung und Betonierung der Flüsse durch Politik und Bauwirtschaft stellen wesentliche Hindernisse dar, die es zu überwinden gilt. „Das zurückzugewinnen, was viele Jahrzehnte an ökologischer Zerstörung erlitten hat, wird sehr viel und Mühe kosten“, sagt Nitsch. Ein zentrales Hindernis ist auch die Notwendigkeit, an die angrenzenden Grundstücke zu gelangen, um Raum für die Renaturierung zu schaffen.
Trotz dieser düsteren Aussichten gibt es einen Lichtblick: Die Mitmachaktion hat gezeigt, dass viele Menschen bereit sind, sich für den Umweltschutz zu engagieren. Friedrichs-Manthey ermutigt die Bürger, sich über die Möglichkeiten zu informieren, selbst aktiv zu werden, indem sie ihre Kommunen ansprechen, um möglicherweise Randstreifen zu bepflanzen oder Kies in das Bachbett einzubringen. „Das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, sagt er.
Johannes Kuhn ist fest entschlossen, weiterhin aktiv zu bleiben. Beim Spaziergang mit seiner Hündin möchte er auch in Zukunft den Zustand der Bäche dokumentieren und damit einen Beitrag zu ihrem Schutz leisten. Interessierte Bürger haben noch bis zum 31. Oktober Zeit, sich unter dem Hashtag #UnsereFlüsse an der Aktion zu beteiligen.
Für weitere Informationen über den Zustand der Gewässer in Hessen und die Mitmachaktion #UnsereFlüsse, siehe www.hessenschau.de.
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