In diesem Jahr öffnet die Frankfurter Buchmesse zum 76. Mal ihre Tore, ein Event voller Buchvorstellungen, Lesungen und eindrucksvoller Literatur. Doch bei all dem Glanz bleiben auch heftige Diskussionen und Skandale nicht aus, die über die Jahrzehnte immer wieder für Schlagzeilen sorgten.
Die Wurzeln der Frankfurter Buchmesse reichen weit zurück. Obwohl der genaue Beginn nicht bekannt ist, belegen Dokumente aus dem Jahr 1437 den ersten Schriftverkehr zu einer Buchmesse in Frankfurt. Zu dieser Zeit revolutionierte Johannes Gutenberg im nahen Mainz den Buchdruck, was die Welt der Bücher grundlegend veränderte.
1968: Daniel Cohn-Bendit muss vor Gericht
Der September 1968 war geprägt von einer aufgeladenen Atmosphäre in Frankfurt. Am 22. September, dem Tag der Friedenspreisverleihung, versammelten sich zahlreiche Menschen in der Stadt. Die Polizei wurde mobilisiert, um dem Ansturm von 1.500 Demonstranten entgegenzutreten, die dem Preisträger Léopold Sédar Senghor kritisch gegenüberstanden. Inmitten dieser Spannungen drang Daniel Cohn-Bendit, ein engagierter junger Politiker, durch die Polizeisperren und wurde daraufhin festgenommen. Seine Verurteilung zu acht Monaten Haft auf Bewährung sorgte für Gesprächsstoff und hinderte ihn nicht daran, eine erfolgreiche politische Karriere zu starten.
In den folgenden Jahrzehnten wurde die Messe immer wieder zum Schauplatz von Kontroversen und aufregenden Momenten. So sorgte beispielsweise der Auftritt von Muhammad Ali im Jahr 1975 für Aufsehen, als er seine Memoiren „Der Größte“ vorstellte. Der hohe Honorarvorschuss von 200.000 Dollar, den er erhielt, sorgte in der Buchbranche für Diskussionen über Werte und Schönheitsideale in der Literatur.
1989: Iran wird nach Mordaufrufen ausgeladen
Ein weiteres bemerkenswertes Ereignis ereignete sich 1989, als der Iran von der Teilnahme an der Buchmesse ausgeschlossen wurde. Hintergrund waren Mordaufrufe gegen den britisch-indischen Autor Salman Rushdie nach der Veröffentlichung seines Romans „Die Satanischen Verse“. Diese umstrittene Geschichte provozierte massive Proteste und Gewalt im Iran, die letztendlich zur Absage der iranischen Delegation führten.
Die Buchmesse selbst war auch nicht vor politischen Spannungen gefeit. 1998 hielt der Schriftsteller Martin Walser eine umstrittene Rede, die monatelang für Debatten sorgte. Er thematisierte die Verwendung von Auschwitz in politischen Diskussionen und zog damit den Unmut vieler Kritiker auf sich. Walser selbst bedauerte später, diese Worte gewählt zu haben.
Auf die Herausforderungen der Gegenwart reagiert die Frankfurter Buchmesse heutzutage mit Sensibilität. 2020 wurde die Messe wegen der COVID-19-Pandemie komplett abgesagt, der Fokus lag auf virtuellen Begegnungen. Als 2021 eine Rückkehr zur Normalität angestrebt wurde, waren Corona-Maßnahmen weiterhin maßgebend und nur eine reduzierte Zahl von Besuchern erlaubt.
Im Jahr 2023, vor der Eröffnung der Buchmesse, wurde die Veranstaltung von fragwürdigen Äußerungen und Konflikten umrahmt. Nach einem Terrorangriff auf Israel durch die Hamas entbrannten Diskussionen über die Rolle der Buchmesse in Bezug auf Solidaritätsbekundungen für den israelischen Staat. Zudem sorgte die Rede von Slavoj Žižek, der für die palästinensische Sichtweise plädierte, für tumultartige Reaktionen im Publikum und warf Fragen zu Antisemitismus und politischer Korrektheit auf.
Ein weiterer Aufreger des Jahres war der Streit um die Auszeichnung der palästinensischen Autorin Adania Shibli mit dem LiBeraturpreis, deren Verleihung aufgrund von Kontroversen darüber, ob ihr Werk antisemitische Stereotype bediene, auf unbestimmte Zeit verschoben wurde.
Die Frankfurter Buchmesse bleibt damit ein Ort nicht nur für die Präsentation von Literatur, sondern auch für gesellschaftspolitische Auseinandersetzungen und Debatten über die Rolle von Literatur in der heutigen Zeit. Von den ersten Anfängen im 15. Jahrhundert bis zu den Herausforderungen der Gegenwart hat sich die Messe stets im Spiegel der Gesellschaft weiterentwickelt.
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