Bob Blume, ein angesehener Lehrer und Bildungs-Influencer, beleuchtet in seinem neuen Buch „Warum noch lernen“ die Herausforderungen unseres Bildungssystems und bietet Lösungen an. Im Interview erklärt er, wie Lerninhalte wieder ins Zentrum der Schulen gerückt werden können und wie Lehrkräfte trotz fortwährender Schwierigkeiten Einfluss nehmen können.
Die fortschrittlichen Konzepte in Gießen zeigen, wie wichtig die Gestaltung von Lernräumen ist. Blume betont, dass deutschlandweit ein Investitionsstau von rund 45 Milliarden Euro herrscht. In Gießen zeigt man jedoch, dass es möglich ist, Schulen zu Orten zu machen, an denen Schüler gerne lernen möchten. Dank neuer Schulräume ohne Türen, aber mit großen Fensterfronten und flexiblen Lernlandschaften, wird das Lernen ansprechend gefördert.
Die Wurzeln der Probleme im Bildungssystem erkennen
Blume beschreibt, dass das Lernen oft zu stark auf Hausaufgaben verlagert wird, was zu einer Ungerechtigkeit führt. „Das Lernen muss in der Schule im Zentrum stehen“, erklärt er und fordert, dass Schulbildung nicht von äußeren Faktoren wie der sozialen Herkunft abhängen sollte.
Ein zentrales Anliegen des Interviews ist auch die Frage nach dem Bildungserfolg. Blume sieht das Problem nicht in den Schülern, sondern in den sozialen Rahmenbedingungen und der Abhängigkeit von der Unterstützung der Eltern. „Die Idee, dass Migranten das System belasten, ist zu kurz gedacht“, bemerkt er kritisch. Ein integrativer Ansatz und eine gerechte Schulbildung sind Schlüsselthemen, die Blume anprangert.
Ein Beispiel für gelungenes Lernen in Gießen ist die Schülerfirma „Sinn und Zweck“ an der Max-Weber-Schule. Hier können Schüler eigenverantwortlich Projekte leiten und kreativ tätig werden, was Blume als sehr wichtig erachtet. Er hebt hervor, dass solche Projekte nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch die Selbstwirksamkeit der Schüler stärken. Sie lernen, Entscheidungen zu treffen und zu handeln, unabhängig von festgelegten Lehrplänen.
Der Druck auf Lehrkräfte und der Weg zur Verbesserung
Doch die Realität sieht oft anders aus: Personalräte in Gießen berichten von Überlastung an vielen Schulen. Blume hält dennoch fest, dass innovatives Lernen nicht zwangsläufig mehr Arbeit für die Lehrkräfte bedeutet. Es erfordert vielmehr Mut und das Vertrauen, dass neue Ansätze langfristig wirken.
Die Diskussion um die Überlastung der Lehrkräfte wird nicht ignoriert. Blume argumentiert, dass der Job eines Lehrers vielschichtig ist und dass ein erheblicher Teil der Arbeitszeit für nicht unterrichtsbezogene Aufgaben aufgewendet wird. Der Mangel an Lehrkräften, soziale Unterstützung und klare politische Richtlinien sind massive Hürden, die angegangen werden müssen.
Ein Vorschlag zur Verbesserung könnte die Einführung eines parteiübergreifenden Präsidenten für die Kultusministerkonferenz sein. Damit könnte eine langfristige Vision für das Bildungssystem verfolgt werden, ohne dass kurzfristige politische Interessen die Bildungslandschaft gefährden.
Blume, der in Baden-Württemberg lebt und als Gymnasiallehrer tätig ist, vertritt die Ansicht, dass viele Lehrer in Deutschland sich mit veralteten Konzepten konfrontiert sehen. Er fordert besseren Austausch und mehr Verständnis für die Bedürfnisse der Schulen. Nur so kann man dem Bild eines Bildungssystems entkommen, das mehr nach Arbeit als nach Wissen und Interesse organisiert ist.
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