In der Welt der zeitgenössischen Kunst ist die Ausstellung „God Complex“ in Wien ein besonderes Ereignis. Diese Schau wird von Krist Gruijthuijsen und Anthony Huberman kuratiert und widmet sich dem beeindruckenden Leben und Werk des US-amerikanischen Performancekünstlers John Giorno. Ihre Vorworte, die in Form von fiktiven Briefen an Giorno verfasst sind, zeigen sowohl Respekt als auch eine tiefgehende persönliche Verbindung zu einem Künstler, der eine bedeutende Rolle in der Kunst- und Kulturszene spielte.
John Giorno, geboren 1936, ist eine schillernde Persönlichkeit, die in vielen künstlerischen Bewegungen aktiv war. Er trat in Andy Warhols legendärem Experimentalfilm „Sleep“ auf und war bekannt für seine enge Beziehung zur Beatnik-Bewegung, insbesondere zu William Burroughs. Giorno war ein Pionier der Spoken Word Poetry und quantifizierte die Kraft der Sprache auf eine Art und Weise, die für viele Künstler inspirierend war.
Über die Ausstellung
Die Ausstellung „God Complex“ ist bis zum 19. Oktober in der Galerie Eva Presenhuber zu finden und verspricht, Besucher mit Giornos faszinierendem Werk zu fesseln. Öffnungszeiten sind von Dienstag bis Freitag von 11 bis 18 Uhr und samstags von 12 bis 16 Uhr. Die Schau präsentiert eine Vielzahl an Werken, einschließlich großer Siebdrucke, die Giornos berühmte Wortkunst zeigen. Diese Werke, darunter provokante Sätze wie „I want to cum in your heart“ und die frühe Arbeit „Black Cock“, erwecken Zeitgeist und Mut zum Ausdruck, die in Giornos Karriere eine zentrale Rolle spielten.
Ein besonderes Merkmal der Ausstellung sind die Sätze, die durch ihre Klarheit und direkte Ansprache bestechen. Sie haben nicht nur die Macht, den Betrachter zu verblüffen, sondern fordern auch eine Reflexion über die Rolle der Sprache in der Kunst und Gesellschaft heraus. Wie Gruijthuijsen treffend zusammenfasst, handelt es sich hierbei um „konkrete Poesie im skulpturalen Sinne“. Diese starken Worte regen zum Nachdenken an und ermutigen zur Auseinandersetzung mit der Bedeutung der Sprache im Alltag.
Im Jahr 1965 gründete Giorno sein eigenes Plattenlabel, das sogenannte Giorno Poetry Systems (GPS). Dies war eine innovative Initiative, die dazu diente, durch die Aufnahme und Veröffentlichung von Performances zahlreicher Künstler wie Patti Smith und John Cage die Kommunikation über Kunst zu fördern. Ein herausragendes Beispiel für Giornos kreative Vision war die Aktion „Dial-a-Poem“, bei der Hörer Gedichte durch Anrufe auf einem Anrufbeantworter abrufen konnten.
Ein besonders faszinierender Aspekt der Ausstellung ist die Verwendung von Alltagsvokabeln, die Giorno von ihrer ursprünglichen Informativität befreit hat, um sie in einen kreativen Kontext zu setzen. Diese Techniken der Verdopplung und Verfremdung verleihen seinen Worten zusätzliche Tiefe und Bedeutung. Die Worte sind nicht nur Texte, sie tragen eine Seele in sich, die die Betrachter zum Nachdenken anregt. Im Keller der Galerie wird die akustische Seite seiner Kunst durch Lautgedichte erlebbar, wo auch eines seiner letzten Werke, „Big Ego“, ausgestellt ist.
Mehr als nur Kunst
John Giorno war jedoch mehr als nur ein kreativer Kopf; er war auch ein engagierter Aktivist. In den 1980er Jahren transformierte sich sein Poetry Systems in ein Non-Profit-Unternehmen, das insbesondere Menschen, die von HIV/AIDS betroffen waren, Unterstützung bot. Dies war ein wichtiger Bestandteil seines Lebens, das von Mitgefühl und dem Wunsch, anderen zu helfen, geprägt war. Nach einer Reise nach Tibet wurde er ein praktisch lebender Buddhist, wodurch sich seine Kunst und sein Engagement weiter verknüpften.
Während die Ausstellung die Position von Giorno in der Kunst hervorhebt, wird auch deutlich, dass sie ein Akt des Gedenkens ist. Die Werke von Giorno stehen heute auf einem anderen Fundament; sie sind keine Tabus mehr. Stattdessen laden sie dazu ein, über die Macht der Sprache und die Vielfalt der Interpretationen nachzudenken, die im Alltag verborgen sind. Die Klarheit und Kraft dessen, was Giorno geschaffen hat, stellt eine Einladung an die Besucher dar, sich mit ihrer eigenen Interpretation und den möglichen Bedeutungen auseinanderzusetzen.
In der Galerie Eva Presenhuber ist „God Complex“ nicht nur eine Retrospektive eines Künstlers, sondern auch eine tiefgehende und provokante Auseinandersetzung mit der Sprache in der Kunst. Es ist eine wunderbare Gelegenheit, die Lebensleistung von John Giorno zu erleben, die weit über die Grenzen der konventionellen Kunst hinausgeht, und die Fragen aufwirft, die auch heute noch relevant sind.
Für diejenigen, die mehr über die Kunst von John Giorno und die aktuelle Ausstellung erfahren möchten, gibt es umfassende Informationen über die Veranstaltung und die Hintergründe in einem Artikel auf www.tagesspiegel.de.
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