Orientierungsklassen für Flüchtlingskinder: Lehrer warnen vor Problemen!

Vienna, Österreich - In Österreich sollen Flüchtlingskinder künftig in speziellen Orientierungsklassen unterrichtet werden, bevor sie in Regelklassen wechseln. Diese Maßnahme wird von der Pflichtschullehrergewerkschaft als problematisch eingestuft, da sie zusätzlichen Druck auf die Schulleitungen ausüben könnte. Die Implementierung dieser Klassen steht jedoch unter dem Vorbehalt einer gründlichen Evaluierung durch das Finanzministerium, das sich Sorgen über mögliche Kosten macht, insbesondere in den Bundesländern Tirol und Vorarlberg. Die Gewerkschaft begrüßt hingegen, dass Kinder erst in Regelklassen switchen, wenn sie die erforderliche schulische Reife erreicht haben.
Für eine kindgerechte Integration sollen Psychologen in die Orientierungsgespräche einbezogen werden. Dieser Schritt zielt darauf ab, insbesondere Kindern ohne Bildungserfahrung zu helfen. In den Gesprächen, die gemeinsam mit Schulleitungen und Eltern durchgeführt werden sollen, können Kinder mit grundlegenden Schwierigkeiten bis zu sechs Monate in den Orientierungsklassen bleiben. Es bestehen jedoch Bedenken, dass die Durchführung dieser Gespräche mit nicht Deutsch sprechenden Eltern durch fehlende Dolmetscher erschwert wird.
Herausforderungen bei der Umsetzung
Bedenken äußern auch Schulaufsichtsbehörden, die befürchten, dass Volksschulkinder und ältere Jugendliche in gemeinsamen Klassen unterrichtet werden müssen, was weitere Herausforderungen mit sich bringt. Der Berufsverband Österreichischer PsychologInnen hat die Einbindung von Schulpsychologen gefordert, um Fehleinschätzungen und unangemessene Platzierungen zu vermeiden. Zudem schlagen Experten der Industriellenvereinigung vor, Fachkräfte für Sprachförderung in den Orientierungsprozess einzubeziehen. Das Netzwerk Sprachenrechte warnt vor der Gefahr, dass die Einführung dieser Orientierungsklassen die Dauer der Deutschfördermaßnahmen verlängern könnte.
Ein weiterer Streitpunkt ist die Finanzierung der Orientierungsgespräche. Vorarlberg möchte klären, wer die Kosten trägt, während die Gemeinden eine volle Kostenübernahme durch den Bund fordern. Auch das Finanzministerium verlangt einen einheitlichen Leitfaden zur Durchführung der Gespräche. Das Bundeskanzleramt hat zudem erneut auf die Notwendigkeit gedrängt, konkrete Details zur Umsetzung der Maßnahme festzulegen.
Vergleich mit Deutschland
In Deutschland hingegen haben viele Schulen Vorbereitungsklassen für geflüchtete Kinder aus der Ukraine eröffnet, um diesen den Einstieg in das Bildungssystem zu erleichtern. Die Expertin Juliane Karakayali kritisiert diese Vorgehensweise jedoch als ineffektiv. Ihrer Meinung nach wurden viele dieser Klassen aufgrund von Ressourcenmangel eingerichtet und nicht aus pädagogischen Gründen. Zudem ist unklar, wie der Übergang in Regelklassen funktionieren soll, da Schüler häufig länger in den Vorbereitungsklassen verbleiben und die Trennung als stigmatisierend empfunden wird.
Eine Studie aus dem Jahr 2020 zeigt, dass die Verzahnung von Vorbereitungsklassen und Regelklassen effektiver ist, da Schüler in Regelklassen oft von zusätzlichem Deutschunterricht profitieren. Historisch gesehen ist bekannt, dass Migration meist nicht temporär ist, was die Notwendigkeit einer besseren Integration unterstreicht. Auch die Anerkennung der Qualifikationen ukrainischer Lehrkräfte stellt eine Herausforderung dar. Karakayali bemängelt, dass Schulen schlechter auf die Herausforderungen vorbereitet sind als noch 2015.
Recht auf Bildung und Inklusion
Die Diskussion über das Recht auf Bildung für geflüchtete Kinder ist auch ein zentrales Thema in der deutschen Bildungspolitik. Der Zugang zum Bildungssystem ist für geflüchtete und neuzugewanderte Kinder oft erschwert, und die Trennung in Regel- und Vorbereitungsklassen wird als diskriminierend wahrgenommen. Das deutsche System sieht unterschiedliche Klassenmodelle vor, was zu großer Varianz in der Qualität der Bildung führt. Zudem haben Kinder mit unsicherem Aufenthaltsstatus häufig keinen Zugriff auf schulische Angebote.
Um der Tatsache entgegenzuwirken, dass geflüchtete Schüler oft als passive Opfer wahrgenommen werden, ist es entscheidend, ihre Kompetenzen und Potenziale zu anerkennen. Eine ressourcenorientierte Perspektive könnte dabei helfen, schulische Inklusion und interkulturelle Bildung zu fördern. Der Translanguaging-Ansatz wird als inklusives Konzept für die Sprachförderung angesehen, das Hoffnung auf eine bessere Integration der geflüchteten Kinder macht.
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Vorfall | Bildungspolitik |
Ort | Vienna, Österreich |
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