Zehn Jahre gegen antimuslimischen Rassismus: Alarmierende Zahlen aus Österreich
Zehn Jahre gegen antimuslimischen Rassismus: Alarmierende Zahlen aus Österreich
Österreich - Am 10. Juni 2025 veröffentlicht die Dokumentations- und Beratungsstelle Islamfeindlichkeit & antimuslimischer Rassismus (Dokustelle Österreich) ihren zehnten Bericht zu antimuslimischem Rassismus. In den letzten zehn Jahren wurden über 9.000 Vorfälle dokumentiert, was die weit verbreitete Präsenz dieses Phänomens in Österreich verdeutlicht. Im Jahr 2024 verzeichnete der Bericht insgesamt 1.336 Übergriffe, die sowohl online als auch offline stattfanden. Von diesen Fällen wurden 340 aktiv gemeldet, während 996 dokumentierte Online-Vorfälle betrafen.
Die Daten zeigen, dass es insbesondere in den Monaten August und September 2024 zu einem Anstieg der Fallzahlen kam, was zeitlich mit den Nationalratswahlen zusammenfiel. Offline waren die häufigsten Diskriminierungsformen Beleidigungen (19,9 %), Ungleichbehandlung (19,4 %) und Hassverbreitung (13,3 %). Besorgniserregend ist, dass die Betroffenen oft mit einem Generalverdacht konfrontiert werden, insbesondere aktive, gesellschaftlich engagierte Muslim:innen.
Ursachen und Auswirkungen
Wie die bpb angibt, wird antimuslimischer Rassismus als ein Teil der europäischen Moderne betrachtet, wobei die Rassifizierung von Muslimen negative Eigenschaften zuschreibt. Historisch lässt sich diese Diskriminierung bis zur Reconquista auf der Iberischen Halbinsel zurückverfolgen. Heutzutage wird antimuslimischer Rassismus als „Rassismus ohne Rassen“ beschrieben, wobei kulturelle Differenzen im Vordergrund stehen.
Ein Bericht des Runnymede Trust definiert Islamophobie als jede Form der Diskriminierung gegen Muslime oder als solche wahrgenommene Personen. Diese Wahrnehmung führt oft zu gewalttätigen Übergriffen, wie der Mord an Marwa El-Sherbini im Jahr 2009 zeigt. Zudem kommt es häufig zu einer Täter-Opfer-Umkehr, die Diskriminierungserfahrungen von Muslimen entkräftet, indem diese als „Opfermentalität“ abgetan werden.
Sexuelle und geschlechtsspezifische Dimensionen
Besonders betroffen sind Frauen, die ein Kopftuch tragen. Laut dem Bericht der Dokustelle sind 76,8 % der Betroffenen von antimuslimischem Rassismus Frauen. Diese Diskriminierungsform zeigt sich auch in der Arbeitswelt, im Bildungsbereich sowie auf dem Wohnungsmarkt. Eine Studie der CLAIM (2023) belegt, dass 78 % der befragten Muslim:innen von Diskriminierungserfahrungen berichteten. Oft werden diese durch das Fehlen rechtlicher Schutzmechanismen in den Bereichen Religion und Weltanschauung weiter verschärft.
Die Leiterin der Rechtsberatung der Dokustelle, Dunia Khalil, betont die Notwendigkeit nachhaltiger, menschenrechtsbasierter politischer Maßnahmen. Ihre Stellvertreterin, Mag.a Ümmü-Selime Türe, hebt die Wichtigkeit unabhängiger psychosozialer Beratung hervor, um den Opfern struktureller Gewalt zu helfen.
Gesellschaftliche Verantwortung und Ausblick
Der Bericht enthält tiefgreifende Analysen und konkrete Empfehlungen zur Bekämpfung des antimuslimischen Rassismus auf gesellschaftlicher Ebene. Ein Blick auf die Entwicklungen zeigt, dass antimuslimischer Rassismus nicht nur ein rechtes Phänomen ist, sondern tief in der Gesellschaft verwurzelt ist und alle als muslimisch wahrgenommenen Personen betrifft. Ein Anstieg antimuslimischer Übergriffe kann aktuell auch als Reaktion auf weltweite Ereignisse, wie die Terroranschläge der Hamas im Oktober 2023, gedeutet werden.
Die Gleichbehandlungsanwaltschaft beobachtet ebenfalls einen Anstieg der Diskriminierung und fordert eine rechtliche Klarstellung des Gleichbehandlungsgesetzes, um die Lücken zu schließen.
Der Bericht der Dokustelle Österreich ist somit mehr als nur eine Dokumentation von Vorfällen. Er spiegelt die gesellschaftlichen Herausforderungen wider und bietet gleichzeitig Handlungsmöglichkeiten, um dem antimuslimischen Rassismus entgegenzutreten.
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