Die bedeutende Literatin und Wissenschaftlerin Lore Segal ist im Alter von 96 Jahren am Montag in ihrer Wohnung in New York verstorben. Dies wurde am Dienstag vom Bezirksmuseum Josefstadt in Wien bestätigt, wo eine Ausstellung zu ihrem Leben mit dem Titel „‚Ich wollte Wien liebhaben, habe mich aber nicht getraut'“ derzeit zu sehen ist. Lore Segal, die im Jahr 2018 mit dem renommierten Theodor Kramer Preis ausgezeichnet wurde, hinterlässt ein beeindruckendes literarisches Erbe.
Segals Werke waren geprägt von den Erfahrungen von Exil und der Suche nach Identität, wie die Begründung für den Empfang des Preises beschreibt. Am 9. März 1928 in Wien geboren, entkam sie im Kindesalter mit einem der ersten Kindertransporte der Nazis nach Großbritannien. In einem Interview aus dem Jahr 2018 erzählte sie, wie ihre erste Pflegefamilie in Liverpool, die Cohens, ihr half, sicher zu sein, während sie gleichzeitig die Schrecken erlebte, die sie hinter sich ließ. Auf diese Erfahrungen basierte ihr erster Roman „Wo andere Leute wohnen“, welcher eine erwachsene Version ihrer kindlichen Notizen darstellt.
Lebensweg und akademische Laufbahn
Nach ihrem Studium in Großbritannien zog Segal 1948 zunächst in die Dominikanische Republik, um sich dann 1951 in New York niederzulassen. Ihre akademische Laufbahn führte sie an namhafte Universitäten wie die Columbia University und Princeton. Neben ihrer Tätigkeit als Wissenschaftlerin war sie auch als Autorin aktiv und veröffentlichte zahlreiche Romane, Kurzgeschichten und Kinderbücher, welche in der deutschsprachigen Welt großen Anklang fanden. Zu ihren bekanntesten Werken zählen „Ihr erster Amerikaner“ von 1996 und „Die dünne Schicht Geborgenheit“ aus dem Jahr 2004.
In der literarischen Gemeinschaft wurde Segal nicht nur für ihre scharfe Beobachtungsgabe geschätzt, sondern auch für ihren charakteristischen Humor und ihren empathischen Zugang zu Themen wie Identität und Vertreibung. Das Österreichische Kulturforum in New York würdigte sie kürzlich und betonte, wie dankbar man sei, mit ihr gearbeitet zu haben, insbesondere während der Vorstellung ihres Buches „Ladies Lunch“ bei der Europäischen Literaturnacht 2023.
Letzte Projekte und Entwicklungen
Im Februar 2024 nahm Segal an der Eröffnung ihrer Ausstellung in Wien per Liveschaltung teil und wandte sich mit herzlichen Grüßen an die Besucher. Diese Ausstellung bleibt bis zum 26. Januar 2025 geöffnet, mit regulären Besuchszeiten am Sonntag und Mittwoch. In der aktuellen Ausgabe des Magazins „New Yorker“ erschien ein Text von ihr, den sie noch diktieren konnte. Ihre letzte Veröffentlichung, „The Journal I Did Not Keep“, ist für Ende Oktober 2024 angekündigt.
Lore Segal hat ihr Leben und Schaffen der Bezeugung und dem Verständnis von Flucht und Heimat gewidmet. Ihre Leidenschaft und ihre Stimme werden in der Welt der Literatur weiterhin nachhallen, während sie einst als eine von vielen aus ihrem Heimatland vertriebenen Stimmen den Mut fand, ihre Geschichten zu erzählen. Mehr über ihr Leben und ihre Werke sowie die aktuelle Ausstellung sind auf www.vol.at nachzulesen.