Im Schatten der großen Sportler, die in Österreich verehrt werden, gibt es viele Namen, die im Laufe der Jahre in Vergessenheit geraten sind. Einer dieser Namen ist Max Bulla, ein bemerkenswerter Radrennfahrer, der eine bedeutende Rolle im österreichischen Radsport der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts spielte. Geboren 1905 in Wien, war Bulla nicht nur ein beachtlicher Sportler, sondern auch ein Teil der Geschichte des Radsports in einem postfaschistischen Österreich.
Bulla begann als Zeitungszusteller, wo er seine Leidenschaft für das Radfahren entdeckte. Mit seinem unermüdlichen Talent schloss er sich bald einem Verein an, der ihm die Möglichkeit bot, sein Potenzial als Radrennfahrer auszubauen. In den 1930er Jahren erwies er sich als einer der besten Fahrer seiner Zeit und trug das Gelbe Trikot beim Tour de France 1931, zusätzlich zu mehreren Etappensiegen bei anderen bedeutenden Rennen, wie der Vuelta a España 1935.
Der Historische Kontext
Die Bedeutung von Max Bulla geht jedoch über seine sportlichen Erfolge hinaus. Die Sporthistoriker Matthias Marschik und Rudolf Müllner haben sich intensiv mit seinem Leben beschäftigt und ein Buch über ihn verfasst. „Der Radsport war immens wichtig. Die Österreich-Rundfahrt wurde 1949 zum ersten Mal ausgetragen und war für dieses winzige, postfaschistische Land enorm bedeutend“, erklärte Müllner. Diese Veranstaltung wurde zu einem Symbol der nationalen Einheit, gerade in einer Zeit, als Österreich noch immer in Besatzungszonen aufgeteilt war und die Zukunft ungewiss erschien.
Die Aufarbeitung von Bullas Geschichte geschah auch vor dem Hintergrund seiner schwierigen Erfahrungen zur Zeit des Nationalsozialismus. Er hatte sich zwar mit dem System arrangiert, war jedoch inhaftiert worden, da er aufgrund eines Finanzvergehens von der Gestapo festgenommen wurde. Doch dies hindert ihn nicht daran, eine bedeutende Figur im Radsport zu bleiben, besonders in einer Ära, die von der Kommerzialisierung geprägt war.
Bulla wurde schnell zu einem der ersten österreichischen Berufssportler und wagte den Sprung ins Ausland. Er ritt durch Länder wie Frankreich und Deutschland, wo er für seine Erfolge und seinen eisernen Willen Anerkennung fand. Er war bekannt dafür, dass er jeden Kilometer während der Tour de France dafür nutzte, Prämien zu gewinnen, und dokumentierte akribisch seine Einkommen aus den Rennen in seinen Tagebüchern.
Ein Leben nach dem Radsport
Nach seinem Rückzug aus dem Radrennsport blieb Bulla eng mit der Szene verbunden. Er widmete sich der Radsport-Manager- und Veranstalter-Tätigkeit und ließ seine Leidenschaft weiterhin in vollem Umfang lebendig werden. Im Jahr 1973 machte er sich gemeinsam mit seinem Freund Ferry Dusika auf eine spektakuläre Reise – 5.500 Kilometer mit dem Fahrrad nach Marrakesch. Diese Tour wurde von den Medien umfassend verfolgt und zeigt Bullas ungebrochene Begeisterung für den Radsport.
Zusätzlich zu den historischen Einblicken und spannenden Anekdoten über Bulla enthält das Buch viele bemerkenswerte Fotografien, die die ehrwürdige Zeit der Radsportgeschichte auf lebendige Weise dokumentieren. „Wir haben einen riesen Aufwand bei den Recherchen betrieben“, so Müllner über die Entstehung des Buches. Besucher in Archiven und Bibliotheken in Frankreich und bei der Familie Bulla halfen dabei, das interessante Leben und die Karriere des Athleten zu rekonstruieren.
Das Buch zeigt auf, wie Bulla nicht nur für seine persönlichen Leistungen, sondern auch für den österreichischen Radsport und die Identität des Landes von Bedeutung ist. Marschik und Müllner haben mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag geleistet, um die Anerkennung eines Sportlers zu fördern, dessen Leistungen einst hoch geschätzt wurden, aber seitdem in den Hintergrund gerückt sind.
Buchtipp: Matthias Marschik, Rudolf Müllner: „Max Bulla, Radrennfahrer“. Verlag Brüder Hollinek. 187 Seiten. 39 Euro