Die Bedeutung der Biodiversität für die Nahrungsnetze in Ökosystemen wird durch eine neue Studie verstärkt ins Licht gerückt. Ein internationales Forschungsteam mit Wissenschaftlern der Universität Innsbruck hat herausgefunden, dass mit dem Rückgang von Insekten und Spinnentieren nicht nur das Nahrungsangebot für verschiedene Tierarten wie Vögel und Fische abnimmt, sondern auch der Gehalt an wichtigen essenziellen Fettsäuren, die für die Gesundheit dieser Tiere entscheidend sind.
In der Studie, die in dem renommierten Fachjournal Science veröffentlicht wurde, wurde die essentielle Rolle von Insekten und Spinnentieren in der Nahrungskette aufgezeigt. Die Forscher erklärten, dass Menschen und Tiere nicht nur Energie in Form von Kalorien benötigen, sondern auch lebenswichtige Nährstoffe – darunter die mehrfach ungesättigten Fettsäuren Omega-3 und Omega-6. Der Gehalt dieser Fettsäuren variiert je nach Art der Insekten und Spinnen, wobei Wasserinsekten erheblich mehr Omega-3-Fettsäuren enthalten als ihre Landkollegen, da in aquatischen Lebensräumen nährstoffreiche Algen eine zentrale Rolle spielen.
Omnipräsente Daten zur Biodiversität
Diese Erkenntnisse basieren auf einem umfangreichen Datensatz, der mehr als 500.000 Beobachtungen von etwa 7.600 Arten von Insekten und Spinnen in der Schweiz umfasst. Die Wissenschaftler analysierten etwa 400 Gewässer- und 300 Landökosysteme, die sich in verschiedenen Umgebungen befinden, darunter natürlich gewachsene Gebiete wie Wälder und Wiesen sowie städtische und landwirtschaftliche Flächen.
Die Forscher ermittelten sowohl die Biomasse als auch die Biodiversität der Insekten und Spinnentiere und deren Beitrag zur Bereitstellung wichtiger mehrfach ungesättigter Fettsäuren. Ein zentrales Anliegen der Studie war es herauszufinden, wie die jeweilige Landnutzung die Verfügbarkeit von Energie und Nährstoffen beeinflusst und ob es Unterschiede zwischen Land- und Gewässerökosystemen gibt. Ryan Shipley, einer der Hauptautoren, betont die Dringlichkeit, die Auswirkungen der Landnutzung auf die grundlegenden Funktionen von Ökosystemen zu verstehen.
Folgen des Rückgangs der Biodiversität
Die Analyse zeigte, dass in allen untersuchten Lebensgemeinschaften, wo die Artenvielfalt von Insekten und Spinnentieren abnimmt, auch die Biomasse und der Gehalt an essenziellen Fettsäuren verringern. Besonders signifikant sind die Unterschiede in terrestrischen Lebensgemeinschaften, die je nach Art der Landnutzung variieren. Ein Stadtpark, selbst bei gleichbleibender Artenzahl, liefert in der Regel weniger Omega-3-Fettsäuren als ein vergleichbares Waldgebiet. Dies liegt unter anderem daran, dass in urbanen Räumen weniger spezialisierte Räuber wie große Käfer oder Spinnen vorkommen, die die Fettsäuren in ihrem Körper anreichern.
Überraschend war jedoch, dass in aquatischen Gemeinschaften der Einfluss der Landnutzung auf den Fettsäuregehalt viel geringer ausgeprägt ist. Gewässer mit ähnlicher Artenzahl in städtischen oder ländlichen Gebieten haben vergleichbare Fettsäureinhalte. Dies wird damit erklärt, dass Wasserinsekten insgesamt höhere Omega-3-Werte aufweisen.
Die Studie hebt hervor, dass Gewässerökosysteme vor allem in urbanen Räumen eine entscheidende Quelle für diese essenziellen Fettsäuren darstellen. Dort, wo die Biodiversität durch menschliche Aktivitäten und Flächenversiegelung besorgt ist, wird der Verlust an Insekten eine bedeutende Lücke im Nahrungsnetz verursachen. Gleichzeitig zeigen die Forscher auf, dass diese «Superfoods» zunehmend Schadstoffen ausgesetzt sind, was ihre Verfügbarkeit und Sicherheit beeinträchtigt.
Angesichts dieser Ergebnisse appelliert das Forschungsteam an die Notwendigkeit, die Biodiversität besonders im Bereich der Landnutzung und in städtischen Umgebungen zu schützen und die Wasserqualität zu verbessern, um die Stabilität und Gesundheit der Ökosysteme langfristig zu gewährleisten. Cornelia Twining, die Leiterin der Forschungsgruppe, stellte klar: „Die Erhaltung der Biodiversität ist entscheidend, um die Funktionalität unserer Lebensräume zu bewahren und sicherzustellen, dass Nahrungsnetze auch in Zukunft ihre wichtige Rolle spielen können.“
Eawag: Das Wasserforschungsinstitut des ETH-Bereichs