
In der Stadt Salzburg steht ein bedeutender Schritt in Richtung einer kritischen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit bevor. Der Kulturausschuss des Gemeinderates hat kürzlich beschlossen, die Heinrich-Damisch-Straße im Stadtteil Parsch in Helene-Thimig-Straße umzubenennen. Diese Entscheidung folgt auf langwierige Diskussionen darüber, wie man mit Straßen umgeht, die nach Personen benannt sind, die in die Nationalsozialistische Vergangenheit verstrickt waren. Der Beschluss erhebt die ehrende Nennung einer Frau in einer Stadt, in der nur vier Prozent der Straßen nach weiblichen Persönlichkeiten benannt sind.
Die Umbenennung wurde mit den Stimmen von SPÖ, KPÖ Plus und Bürgerliste beschlossen, während die ÖVP und die FPÖ sich gegen die Maßnahme aussprachen. Das Ergebnis dieses Abstimmungsprozesses zeigt einen Wandel in den politischen Mehrheitsverhältnissen, was auf die bevorstehenden Gemeinderatswahlen im Frühjahr 2024 zurückzuführen ist. Um die Umbenennung zu erleichtern, plant die Stadt, den Anwohnern Unterstützung bei der Adressänderung zu bieten, um eventuelle Unannehmlichkeiten so gering wie möglich zu halten.
Hintergrund der Umbenennung
Die Entscheidung zur Umbenennung ist Teil eines größeren Projekts, das auf einem umfangreichen Bericht basiert, den eine Historikerkommission 2021 vorlegte. Dieser Bericht untersuchte die Beziehungen von 66 Straßenbenennungen zur NS-Zeit und empfahl für 13 Namen, darunter auch Heinrich Damisch, eine Überprüfung. Damisch war ein einflussreicher Musikschriftsteller und Gründer der Salzburger Festspiele, jedoch auch ein früher Anhänger der NSDAP.
Die Stadt bringt sich somit in eine Position, die Geschichte kritisch zu reflektieren. Trotz der Widerstände aus den Reihen der ÖVP und FPÖ zeigt die Entscheidung der Mehrheit, dass es einen Drang gibt, die düstere Vergangenheit der NS-Zeit aufzuarbeiten. Helene Thimig, nach der die Straße in Zukunft benannt werden soll, war eine bedeutende Persönlichkeit in der österreichischen Kulturszene und hat während ihrer Karriere viele Herausforderungen gemeistert, insbesondere während und nach der NS-Zeit.
Wer war Helene Thimig?
Helene Thimig wurde 1889 in Wien geboren und stammte aus einer prominenten Theaterfamilie. Ihre Schauspielkarriere begann 1907, und sie war später bei dem renommierten Regisseur Max Reinhardt tätig, den sie auch heiratete. Sowohl Thimig als auch Reinhardt spielten eine zentrale Rolle in den Salzburger Festspielen. Nach dem Anschluss flohen sie in die USA, wo Reinhardt aufgrund seiner jüdischen Herkunft nicht nach Österreich zurückkehren konnte. Thimig jedoch blieb loyal an seiner Seite, was zu einem Verlust ihres österreichischen Besitzes führte.
Nach dem Krieg kehrte Thimig nach Österreich zurück, doch sie musste lange um die Rückgabe ihres Erbes kämpfen. Ihre Rückkehr zur Schauspielkunst und die Leitung des von Reinhardt gegründeten "Max Reinhardt Seminars" unterstreichen ihren bedeutenden Einfluss auf die kulturelle Landschaft Österreichs, der bis zu ihrem Tod 1974 anhielt.
Mit der Umbenennung wird eine zentrale Figur der österreichischen Kulturgeschichte gewürdigt und ein Schritt zur Erinnerungskultur gesetzt, der notwendig ist, um die Verstrickungen der Vergangenheit besser zu begreifen und aufzuarbeiten. SPÖ-Gemeinderat Sebastian Lankes bezeichnet diesen Beschluss als einen wichtigen Meilenstein der Stadtpolitik, während die KPÖ PLUS die Umbenennung als notwendigen Schritt zur weiteren Aufarbeitung der Stadtgeschichte ansieht.
Gemeinderat Nikolaus Kohlberger betonte die politische Langfristigkeit dieses Anliegens, während ein weiterer Vertreter von der Bürgerliste, Markus Grüner-Musil, auf die Dringlichkeit solcher Maßnahmen hinwies. Diese Umbenennung wird nicht nur als Reaktion auf die Vergangenheit verstanden, sondern auch als klares Signal gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit in der Gegenwart.
Ein umfassender Bericht zur Geschichte der Straßenbenennungen und den darin empfohlenen Änderungen kann auf der offiziellen Webseite der Stadt Salzburg einsehbar gemacht werden, was den Bürgerinnen und Bürgern einen tieferen Einblick in das Thema gibt und die Entscheidungen transparent macht. Diese Schritte verdeutlichen die ehrgeizigen Bestrebungen der Stadt, sich mit den Schatten der Vergangenheit auseinanderzusetzen und eine faire sowie gerechte Erinnerungskultur zu fördern.
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