Im Herzen von Braunau am Inn, an einem unscheinbaren Ort in der Salzburger Vorstadt 15, steht ein dreigeschossiges Gebäude, das nicht viel beeindruckt. 1889 erblickte dort Adolf Hitler das Licht der Welt, doch sein Leben in diesem Haus dauerte nur bis zu seinem dritten Lebensjahr. Trotz dieser kurzen Zeit bleibt das Erbe dieses Ortes für die Stadt präsent und ein belastendes Thema für viele Einwohner. Das Gebäude wurde im Laufe der Jahre unterschiedlichen Zwecken zugeführt, darunter als Schule und Bank, und zuletzt war es im Einsatz für die Lebenshilfe, die Menschen mit Behinderungen unterstützt.
Die Auseinandersetzung mit Hitlers Geburtshaus führte zu einem Pragmatismus der Braunauer bis 2016, als das Gebäude per Gesetz enteignet wurde und in den Besitz des Staates überging. Filmemacher Günter Schwaiger, der in der Nähe aufwuchs, beschreibt diese Veränderung als einen Beginn der "verklemmten Sicht" auf das Gebäude. Schwaiger, der seit vielen Jahren in Madrid lebt, begann 2018 mit den Dreharbeiten zu seiner Dokumentation über diesen Ort. Zu diesem Zeitpunkt war die Idee, der Lebenshilfe eine Rückkehr in das Gebäude zu ermöglichen, noch im Raum. Dies schien ihm eine passende Lösung zu sein, da die Lebenshilfe für die Menschen steht, die unter Hitlers Herrschaft verfolgt wurden.
Umstrittene Planungen und politische Entscheidungen
In der Zeit der Dreharbeiten stieß Schwaiger auf provokante Szenen: Anhänger der Nazi-Ideologie erschienen regelmäßig vor dem Gebäude, insbesondere an Hitlers Geburtstag. Bei diesen Zusammenkünften wurden unter anderem Kränze niedergelegt und Sprüche geäußert, die den Unmut von Passanten erregten. Schwaiger dokumentiert diese erschreckende Realität in seinem Film.
Die Behörden, die sich um das Haus kümmern, scheinen Berichten zufolge an einer Umgestaltung des Gebäudes und einer Verlegung des Mahnsteins interessiert zu sein. Für Schwaiger stellt dies das Bestreben dar, die dunkle Geschichte der Stadt zu leugnen; eine Praxis, die er mit den Verdrängungsmechanismen der Nachkriegszeit vergleicht. „Unsere Geschichte beschränkt sich auf Kaiser und Sissi – den Rest sollen wir vergessen“, unterstreicht er seine Sichtweise auf die nationale Erinnerungskultur.
Persönliche Reflexionen und filmische Aufarbeitung
Auf seinem Weg dokumentiert Schwaiger auch die Entstehung seines eigenen Verhältnisses zur Geschichte. Er verwebt in seinen Film persönliche Interviews, die er 2008 mit seinen mittlerweile verstorbenen Eltern führte. Diese zeigten sich offen für ihre frühere Mitgliedschaft in nationalsozialistischen Jugendorganisationen und das Wissen um die Gräueltaten jener Zeit. Früher machte er seinen Eltern Vorwürfe für ihr Schweigen; inzwischen hat er damit Frieden geschlossen, überzeugt davon, dass nach dem Krieg in Österreich niemand wusste, wie man über diese Geschehnisse spricht.
Der Dokumentarfilm, der 2023 in die Kinos kam, hat bereits viele Auszeichnungen erhalten und wurde in Schulen gezeigt. Ab dem 13. November wird der Film auch in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen sein.Für mehr Informationen sind die Einzelheiten auf www.schwaebische.de nachzulesen. Schwaiger glaubt allerdings, dass das Geburtshaus weiterhin als verwunschen gelten wird, während archäologische Grabungen stattfinden. Er vermutet, dass die Polizei selbst nur zögerlich in das Gebäude einziehen möchte, was die Planungen weiter verzögert.
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