In Baden-Württemberg und weltweit beginnen jüdische Menschen ab Mittwoch mit der Feier ihres Neujahrsfestes Rosch ha-Schana, was "Haupt des Jahres" bedeutet. Diese Festlichkeit unterscheidet sich jedoch stark von der üblichen Silvesterfeier. Während etwa 8.000 jüdische Personen in der Region sich auf diesen besonderen Moment vorbereiten, wird die Festlichkeit am Mittwochabend mit dem Sonnenuntergang eingeläutet und endet am Freitag, wenn die Sonne erneut untergeht. Ein markantes Merkmal der Feier ist das Blasen des Schofars, einem Widderhorn.
Der jüdische Kalender orientiert sich nicht an der Geburt Jesu, wie es im christlichen Glauben der Fall ist, sondern an der Schöpfung der Welt. Nach jüdischer Berechnung geschah dies vor 5.785 Jahren, sodass bei Rosch ha-Schana das Jahr 5.785 beginnt. Zudem folgen die jüdischen Feiertage aufgrund des lunaren Kalenders meist im späten Sommer oder frühen Herbst.
Die Bedeutung von Rosch ha-Schana für die Gläubigen
Rosch ha-Schana hat einen tiefen religiösen Hintergrund. Traditionell symbolisiert das Fest das Gericht Gottes über die Menschen. Deshalb steht das Beten und die Umkehr im Vordergrund, während das Feiern eher in den Hintergrund rückt. In den zehn Tagen nach Rosch ha-Schana sollen die Gläubigen überlegen, wem sie Unrecht getan haben. Es ist eine Zeit der Reflexion und des Verzeihens. Diese Periode endet mit dem jüdischen Versöhnungsfest Jom Kippur, einem weiteren wichtigen Ereignis im jüdischen Kalender.
Trotz der Ernsthaftigkeit des Festes wird Rosch ha-Schana auch mit Feierlichkeiten begangen. Viele Gläubige schmücken ihre Synagogen und Wohnungen, beten und verbringen Zeit mit der Familie und der Gemeinde. Traditionelle Speisen spielen dabei eine große Rolle—wie z.B. Karpfen, gefüllt mit Fisch, und süßes Gebäck, um ein "süßes" neues Jahr einzuleiten, typischerweise in Form von in Honig getauchten Apfelstücken.
Aktuelle Herausforderungen und besondere Umstände
In diesem Jahr gestaltet sich die Feier umso komplexer, da der 7. Oktober, der Jahrestag des Massakers der Hamas in Israel, in dieser Zeit fällt. Der anhaltende Gaza-Krieg, die geiselnahmen und die zahlreichen Todesopfer, sowohl auf jüdischer als auch auf palästinensischer und libanesischer Seite, färben die Festtage düster. Zudem kam es am Dienstag zu einem weiteren Raketenangriff des Iran auf Israel, was die Spannungen weiter steigert.
Gleichzeitig müssen jüdische Menschen in Baden-Württemberg Verstöße gegen ihre Lebensweise hinnehmen, sei es durch antisemitische Äußerungen oder gar Gewalt. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier betonte die Bedeutung des jüdischen Lebens in Deutschland, indem er den jüdischen Menschen zum neuen Jahr gratulierte und klarstellte: „Jüdinnen und Juden gehören zu diesem Land, und Deutschland bleibt ein Zuhause für sie.“.
Vertreterinnen und Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche haben ebenfalls Glückwünsche übermittelt und forderten nachdrücklich die Bekämpfung von Antisemitismus in der Gesellschaft. Rosch ha-Schana ist somit nicht nur ein Fest der Besinnung und des Neuanfangs, sondern spiegelt auch die gegenwärtigen Herausforderungen wider, welche die jüdische Gemeinde betreffen.
Diese Feierlichkeiten sind ein wichtiger Bestandteil des jüdischen Lebens in Baden-Württemberg, das von Traditionen und einem tiefen spirituellen Glauben geprägt ist. Ein bedeutender Teil der Gemeinschaft blickt darauf, die Bedeutung und die Werte, die Rosch ha-Schana vermittelt, auch in der heutigen Zeit zu bewahren und zu feiern.
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