
Die österreichische Industrie befindet sich in einer ernsthaften Krise, die bereits im dritten Jahr andauert. Aktuelle Entwicklungen, wie die Schließung des Schaeffler-Werkes in Berndorf und die bevorstehende Schließung von Siemens' Werk für industrielle Stromversorgung in Wien bis Ende 2026, heizen die Sorgen um den Wirtschaftsstandort weiter an.
Mit über 178 Mitarbeitenden, die nun vor Berufswechseln stehen, ist die Schließung von Siemens ein alarmierendes Zeichen. Der Druck auf Zulieferer wächst, da die internationale Nachfrage, insbesondere in den Schlüsselbranchen Automobil und Maschinenbau, derzeit schwach ist.
Herausforderungen für die Industrie
Die Ursachen für diese Misere sind vielseitig und teils hausgemacht. Ein zentraler Faktor sind die seit 2021 stark gestiegenen Lohnstückkosten in Österreich, die um 30,2 Prozent angestiegen sind, während sie in Deutschland nur um 14,3 Prozent und in Italien gar nur um 7,1 Prozent zulegten. Diese Entwicklung hat zur Folge, dass die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts leidet.
Fiskalratspräsident Christoph Badelt bezeichnet die Situation als „strukturelle Krise“. Laut WIFO-Chef Gabriel Felbermayr müssen sich die Unternehmen einem „Rendezvous mit der Realität“ stellen, das über die akute Krise hinausgeht. Österreich ist zwar eines der reichsten Länder der Welt, verliert jedoch seit 2010 an internationaler Wettbewerbsfähigkeit, besonders seit 2019.
Angesichts dieser Entwicklungen diskutieren politische Kreise nun über kurzfristige Sofortpakete zur Ankurbelung der Konjunktur. Diese sollen gezielte Maßnahmen enthalten, die den Atem der Unternehmen nicht zu sehr strapazieren, wie etwa die Vereinfachung von Abschreibemöglichkeiten.
Langfristige Strategien
Zusätzlich wird ein langfristiges Paket benötigt, das auf Digitalisierung und Künstliche Intelligenz ausgerichtet ist, um die Bürokratie zu reduzieren. Ein hochrangiger Manager brachte es auf den Punkt: „Die anderen machen das Geschäft, wir füllen Listen aus.“
Die Herausforderungen für den Export, dem der österreichische Markt in erheblichem Maße gegenübersteht, sind ebenfalls enorm. Ökonomen warnen, dass eine Eskalation des Handelskonflikts unter dem früheren US-Präsidenten Donald Trump schwerwiegende Folgen für Exportländer wie Deutschland und Österreich haben könnte. Christian Helmenstein von der Industriellenvereinigung erklärt, dass Österreich sich aus dem Markt gepreist hat und technologisch hinter Ländern wie China zurückbleibt, was den Verlust von Marktanteilen zur Folge hat. Der globale Wachstumstrend von drei Prozent wird nicht ausreichend im Land genutzt.
Mit einem Industrieanteil von 19 Prozent ist Österreich besonders anfällig für die internationale Nachfrageschwäche. In den letzten zwei Jahrzehnten konnte die Industrieproduktion zwar um 78 Prozent ansteigen, jedoch wurden zwei Drittel der Gewinne an Aktionäre ausgeschüttet, anstatt Reserven für schwere Zeiten aufzubauen. Jetzt zeigt sich, wie wichtig es gewesen wäre, Rücklagen zu bilden, um die aktuellen Herausforderungen besser meistern zu können.
Die Lage bleibt angespannt, und viele Fragen in Bezug auf die Zukunft der heimischen Industrie sind nach wie vor unbeantwortet, wie kurier.at berichtet.
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