Im Rems-Murr-Kreis nimmt die Biberpopulation wieder zu, was zwar die Artenvielfalt unterstützt, jedoch auch Schwierigkeiten mit sich bringt. Überflutete Felder und angeknabberte Bäume führen zu wachsendem Unmut bei Anwohnern, weshalb geschulte Berater bereitstehen, um Lösungen zu finden und Konflikte zu mediatisieren. Diese Problematik wurde kürzlich bei einem Treffen der sogenannten Biberberater in Großerlach diskutiert, wo etwa 80 Ehrenamtliche aus dem Regierungsbezirk Stuttgart zusammenkamen.
Hier wurde deutlich, dass die Biber, im Gegensatz zu ihrem Ruf als „Fischdiebe“, ausschließlich Pflanzenfresser sind. Ihre Freizeitbeschäftigungen als „Ingenieure des Ökosystems“ sind keineswegs unbedeutend – Bäume fällen, Dämme und Burgen bauen, Wasser stauen und letztlich das Landschaftsbild entscheidend beeinflussen. Diese Aktivitäten schaffen neue Lebensräume, von denen viele verschiedene Arten aufblühen können.
Wie Biber die Natur gestalten
Die Exkursion entlang des Nebenflusses Rot zeigte deutlich die Auswirkungen der Biber auf die umgebende Landschaft. Timo Skorzak, ein Experte für Biberangelegenheiten beim Regierungspräsidium Stuttgart, beschreibt dies als einen Prozess, der eine vielfältige Wasserlandschaft hervorbringt. Durch die Aktivitäten der Biber entstehen stehende und fließende Gewässer, die zahlreichen Arten zugutekommen, darunter Libellen und verschiedene Vogelarten wie den Eisvogel und den Schwarzstorch. Studien zeigten, dass die Artenvielfalt in diesen Lebensräumen um bis zu 83 Prozent bei Tieren und um 79 Prozent bei Pflanzen zunimmt.
Die Biberpopulation in Baden-Württemberg hat sich von fast völliger Ausrottung vor 150 Jahren erholt. Während man im ganzen Land von etwa 1000 Bibern ausgeht, sind im Rems-Murr-Kreis bereits etwa 50 Exemplare dokumentiert – eine Zahl, die voraussichtlich weiter steigt. Uwe Hiller, Naturschutzfachkraft im Landratsamt, erwähnt, dass die Tiere vorzugsweise in Gebieten wie Alfdorf und an der Rot leben.
Doch wo Biber sind, gibt es auch immer wieder Konfrontationen mit den Anwohnern. Hier kommen die ehrenamtlichen Biberberater ins Spiel, die darauf spezialisiert sind, zwischen Mensch und Tier zu vermitteln. Rund 100 dieser Berater sind im Regierungsbezirk Stuttgart aktiv, darunter auch acht im Rems-Murr-Kreis. Sie sollen dabei helfen, die durch die Biber bedingten Konflikte zu entschärfen.
Praktische Lösungen zur Konfliktbewältigung
Die Bedeutung der Aufklärung und der vorbeugenden Maßnahmen wurde von Niels Hahn, dem Biberbeauftragten beim Regierungspräsidium, hervorgehoben. „Wir haben einen großen Werkzeugkasten, um Konflikte zu lösen“, sagte er und verwies auf verschiedene Hilfsmittel wie Maschendraht gegen das Annagen von Bäumen oder spezielle Drainagerohre, die bei drohenden Überflutungen durch Biberdämme eingesetzt werden können. Mit solchen Maßnahmen können viele Probleme frühzeitig verhindert werden.
Obwohl diese Hilfen wertvoll sind, gibt es auch Fälle, in denen nur ein finanzieller Ausgleich für Landwirte möglich ist, die ihre landwirtschaftliche Nutzung einschränken müssen oder gezwungen sind, Grundstücke zu verkaufen. Eine wichtige Maßnahme im Beziehungsmanagement mit Bibern ist das Einrichten von breiten, wenig genutzten Gewässerrandstreifen, die der Natur und letztlich auch den Menschen Vorteile bieten.
Der Biber selbst ist zudem ein streng geschütztes Tier, sodass es nicht immer zu einer perfekten Lösung für alle kommt. In manchen Fällen müssen die Tiere deshalb umgesiedelt werden, was für die Biber bedeutet, einen neuen Damm und eine neue Burg an einer anderen Stelle zu bauen – ohne Zweifel eine anspruchsvolle Aufgabe für die pelzigen „Ingenieure“.
Vor dem Hintergrund all dieser Entwicklungen betont die Beratungsstelle, wie wichtig es ist, sich frühzeitig mit Fragen rund um die Biberpopulation an die zuständigen Stellen zu wenden, damit Konflikte vermieden werden können. Informationen sind der Schlüssel, um ein harmonisches Miteinander zu gewährleisten.
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