Von der Geisel zur Hoffnungslosigkeit: Ein Überlebender erzählt sein Leid

Tal Shoham berichtet über seine 505 Tage Gefangenschaft bei Hamas und sieht keine Hoffnung auf Frieden in Gaza.
Tal Shoham berichtet über seine 505 Tage Gefangenschaft bei Hamas und sieht keine Hoffnung auf Frieden in Gaza.

Be'eri, Israel - Tal Shoham, der am 7. Oktober 2023 von Hamas-Terroristen im Kibbuz Be’eri entführt wurde, hat nach 505 Tagen in Gefangenschaft eine düstere Bilanz seiner Erlebnisse gezogen. „Die Augen der Hamas-Terroristen waren voller Mordlust“, beschreibt er in einem Interview. Der Kibbuz, der nur vier Kilometer von Gaza entfernt liegt und früher ein friedlicher Ort war, ist mittlerweile zu einer Ruine verkommen, die die Schrecken des Konflikts widerspiegelt. Dies ist bereits der dritte Besuch von Shoham an dem Ort seiner Entführung, und der Rückkehrer beschreibt diese Rückkehr als äußerst schmerzhaft. Während seiner Gefangenschaft musste Shoham enormen psychischen und physischen Belastungen standhalten, wobei die Ungewissheit über das Schicksal seiner Familie ihn am meisten belastete. Glücklicherweise konnte er sich wieder mit seiner Familie vereinen, abgesehen von seinem Schwiegervater, der am Tag seiner Entführung ermordet wurde.

Shoham, der mehrere Gespräche mit seinen Entführern führte, äußert zudem, dass er keine Hoffnung auf Frieden in der aktuellen Generation in Gaza sieht. In seinen Augen wird der Hass, der in dieser Gesellschaft grassiert, durch das Bildungssystem und die Lehrbücher weiter gefördert. Shoham ist überzeugt, dass es mindestens eine Generation dauern wird, bis es eine echte Chance für Frieden gibt. Diese pessimistische Sichtweise findet ihre Bestätigung in den Aussagen von Fachleuten.

Psychologische Folgen der Geiselhaft

Der Psychiater und Psychotherapeut Herr Jatzko beschäftigt sich intensiv mit den psychologischen Auswirkungen von Geiselhaft und hat die komplexe Situation in Gaza im Blick. Jatzko betont, dass Geiseln häufig unter großer Unsicherheit hinsichtlich ihrer Freilassung leiden, was zu schweren psychischen Belastungen führt. Die ständige Angst vor Gewalt und die Ungewissheit verstärken die psychischen Folgen massiv. Hoffnung sei entscheidend, um psychisch stabil zu bleiben. Gemeinschaft und emotionale Unterstützung spielen eine zentrale Rolle, um das psychische Wohlbefinden der Betroffenen zu fördern.

Kinder reagieren anders auf Geiselhaft als Erwachsene und benötigen spezielle Therapieansätze. Auch die psychische Situation der Palästinenser im Gazastreifen bleibt angespannt. Viele leiden unter Angst und Verlust, und die stetige Gefahrensituation sorgt für ein erhöhtes Risiko posttraumatischer Belastungsstörungen (PTBS). Die WHO zeigt sich besorgt über die langfristigen psychischen Folgen des Konflikts und fordert psychosoziale Unterstützung für die Bevölkerung in Gaza.

Der Schatten des Traumas

Die ständigen Sirenenalarme in Israel und in bestimmten Gebieten des Westjordanlandes erzeugen ein Klima der Verängstigung. Laut Rahel Bachem, Psychotraumatologin am Psychologischen Institut der Universität Zürich, führt die ständige Bedrohung zu einem Rückgang der Resilienz in der Zivilbevölkerung. Traumatische Erfahrungen können zu Wut und Rachegefühlen führen und die Bereitschaft zu einem Dialog zwischen den Konfliktparteien weiter reduzieren. Der psychische Druck wird durch die sich ständig wiederholenden Gewaltbilder verstärkt, was die Gesellschaft weiter fragmentiert.

Ein Dialog zwischen den Konfliktparteien erscheint äußerst schwierig, zumal das gegenseitige Misstrauen ständig wächst. Die Traumata, die in diesem Konflikt erlitten werden, können sich an künftige Generationen weitervererben. Kommunikation über Traumata in der Kindererziehung ist entscheidend, um soziale Misstrauen und Gewaltspiralen zu durchbrechen.

Es ist offensichtlich, dass die Aufarbeitung der Vergangenheit und ein starker Fokus auf Dialog und Versöhnung essenziell sind, um kollektive Traumata zu bewältigen und zukünftigen Konflikten vorzubeugen. Transitionale Gerechtigkeit, die Rechenschaftspflicht und Wiederherstellung umfasst, könnte einen Weg zur Heilung bieten.

Details
Vorfall Terrorismus
Ort Be'eri, Israel
Quellen