EU-Saatgutverordnung: Kleine Betriebe in großer Gefahr!

Brüssel, Belgien - Die geplante EU-Verordnung über die Registrierung von Saatgut und pflanzlichem Vermehrungsmaterial (PVM-Verordnung) steht in der Kritik, da sie zahlreiche Saatgutbetriebe und Baumschulen erheblich gefährden könnte. Eine Umfrage von ARCHE NOAH, die rund 200 Betriebe aus 16 EU-Staaten befragt hat, zeigt, dass viele Anbieter von Saatgut Bedenken hinsichtlich der neuen bürokratischen Vorschriften haben. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die oft weniger als 100.000 Euro Jahresumsatz erzielen, sind betroffen. Laut Oekonews befürchten die Betriebe, dass wertvolle alte Sorten und die damit verbundene Vielfalt verloren gehen könnten.
Die EU-Kommission plant, den bürokratischen Aufwand für diese Betriebe um mindestens 35 Prozent zu reduzieren. Dennoch zeigen die Umfrageergebnisse alarmierende Trends: 13 Prozent der Züchter:innen und Samenbaubetriebe müssten ihre Tätigkeit einstellen, während 30 Prozent die Vielfalt ihres Sortenangebots reduzieren müssten. 66 Prozent könnten kein Saatgut mehr an Landwirt:innen verkaufen. Die geplanten neuen Vorschriften werden in den kommenden Wochen in Brüssel verhandelt, und eine Ratsarbeitsgruppe wird am 27. und 28. Mai 2025 in Brüssel tagen.
Bürokratische Hürden und ihre Folgen
Die Auseinandersetzung beleuchtet die Herausforderungen, die alte Sorten im Kontext der neuen EU-Saatgutverordnung betreffen. Die Verordnung bündelt zehn bestehende Richtlinien, die den Kauf von Samen durch Landwirte regeln, und soll bewirken, die Vielfalt alter Sorten zu fördern. Doch während dies das Ziel der Reform ist, äußern zahlreiche Experten wie Susanne Gura Bedenken über überbordende Bürokratie. Anbieter von Gemüsesamen müssen sich künftig bei Behörden melden und jährliche Berichte über vertriebene Sorten und Mengen abgeben, was zusätzliche Belastungen für kleine Unternehmen darstellt.
Besonders problematisch ist zudem, dass die neue Verordnung gleiche Auflagen sowohl für große Konzerne als auch für Kleinstbetriebe vorsieht. Diese Bürokratie und die hohen Kosten für neue Labortests, die bis zu 30.000 Euro pro Jahr betragen könnten, belasten besonders stark die kleinen Höfe. Die ARCHE NOAH fordert daher Ausnahmen für Kleinstunternehmen von Melde- und Dokumentationspflichten.
Die Bedeutung der Vielfalt
Die Erhaltung alter und samenfester Sorten ist nicht nur für die Biodiversität, sondern auch für die Anpassung an den Klimawandel von wesentlicher Bedeutung. Viele alte Sorten sind speziell auf die regionale Produktion und die Herausforderungen durch den Klimawandel angepasst. Betriebe wie das „Obst-Arboretum Olderdissen“, das alte und seltene Obstsorten bewahrt, tragen entscheidend zur Erhaltung dieser Vielfalt bei. Multipolar Magazin hebt hervor, dass viele dieser Sorten kein Patent besitzen und daher frei nutzbar sind.
Die geplante Reform wird jedoch von Vertretern der Branche als potenzieller Rückschritt angesehen. Der Deutsche Bauernverband warnt vor neuen Kosten durch den wachsenden Verwaltungsaufwand und fordert eine Richtlinie statt einer Verordnung. Dies könnte möglicherweise den gewünschten Fortschritt gefährden und die Vielfalt der alten Sorten weiter einschränken.
In diesem Kontext ist die Lobbyarbeit der Saatgutindustrie nicht zu ignorieren. Große Unternehmen wie Bayer und BASF haben ihre eigenen Lobbyabteilungen in Brüssel, um Einfluss auf die Gesetzgebung zu nehmen. Die Herausforderungen und Chancen, die sich aus der neuen EU-Saatgutverordnung ergeben, sind daher nach wie vor umstritten und werden weiterhin intensiv debattiert.
Ein faires Gleichgewicht zwischen der Förderung von Innovationen und der Erhaltung der Vielfalt bleibt eine der größten Herausforderungen, die die EU-Kommission in der Diskussion um die neue Saatgutverordnung bewältigen muss. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Verhandlungen in den kommenden Wochen entwickeln werden.
Details | |
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Vorfall | Sonstiges |
Ursache | Bürokratie,Überregulierung |
Ort | Brüssel, Belgien |
Schaden in € | 30.000 |
Quellen |