Die neue Männlichkeit: Empathie und die Gefahren der Ego-Shooter-Welt

Die neue Männlichkeit: Empathie und die Gefahren der Ego-Shooter-Welt

Graz, Österreich - In der aktuellen Diskussion über moderne Rollenbilder von Männern steht die Frage nach der Bedeutung des „echten Mannes“ in der heutigen Zeit im Mittelpunkt. Besondere Beachtung findet dabei die Erziehung empathischer und gelassener junger Männer, die sowohl soziale Kompetenz als auch emotionale Intelligenz fördern soll. Diese Thematik gewinnt an Brisanz durch die Herausforderungen, die unter anderem durch Ego-Shooter und eine zunehmende soziale Isolation hervorgerufen werden. Ein prägnantes Beispiel hierfür ist der Amoklauf von Graz, bei dem der Täter, Arthur A., nicht nur zehn Menschen tötete, sondern auch selbst das Leben nahm. Er war eine von vielen, die in einer von Ego-Shootern geprägten Umgebung aufwuchsen und die als schüchtern und sozial isoliert beschrieben werden.

Arthur A., der mit 21 Jahren als Sonderling galt und bei seiner alleinerziehenden Mutter lebte, spielte exzessiv Ego-Shooter und blieb in seiner schulischen Laufbahn zweimal sitzen. Diese Merkmale, kombiniert mit seiner sozialen Isolation, werfen Fragen auf über die Rolle von Computerspielen und deren Einfluss auf die Gewaltbereitschaft. Laut Experten gibt es jedoch keinen monokausalen Zusammenhang zwischen gewalthaltigen Spielen und tatsächlicher Gewalt, wie die Kleine Zeitung betont. Jessica Kathmann, eine erfahrene Gamingexpertin, unterstreicht, dass Ego-Shooter keine Attentäter produzieren; vielmehr seien die Ursachen für Gewalt ein multifaktorielles Problem.

Die komplexe Ursachenforschung von Gewalt

Die gesellschaftlichen Hintergründe von Amokläufen sind vielschichtig und reichen von genetischen und neurobiologischen Aspekten bis hin zu psychologischen und soziologischen Faktoren. Gewaltbereitschaft ist dementsprechend kein einfach zu erfassendes Phänomen. Besonders bei Personen mit psychischen Vorbelastungen kann der Eskapismus, den gewalthaltige Videospiele bieten, negative Auswirkungen auf die mentale Gesundheit haben. Bei gesunden Erwachsenen hingegen gelingt in der Regel die Unterscheidung zwischen realen und virtuellen Erlebnissen.

Darüber hinaus spielt die Faszination für das Böse und der soziale Aspekt des Spielens eine bedeutende Rolle in der Popularität von Kriegsspielen. Modernen Plattformen wie Twitch, wo Millionen Nutzer anderen beim Spielen zusehen, fördern zusätzlich das kollektive Erlebnis von Gaming, das auch in Österreich weit verbreitet ist. Laut einer GfK-Umfrage spielen rund 5,8 Millionen Menschen in Österreich, was 69 Prozent der Bevölkerung entspricht.

Rollenbilder und Diversität in der Games-Branche

Die Diskussion um die gesellschaftlichen Strukturen zeigt sich auch in der Darstellung von Geschlechterrollen und Ethnizität in Videospielen. Oft ist das Bild des starken, männlichen Helden vorherrschend, während weibliche Charaktere in stereotypen und sexualisierten Rollen präsentiert werden. Frauen und People of Colour sind in den meisten Games unterrepräsentiert oder als Nebenfiguren angelegt. Ein Workshop, der Kinder und Jugendliche für diese Problematik sensibilisieren soll, hebt die Notwendigkeit einer kritischen Auseinandersetzung mit Stereotypen in der Branche hervor.

Bespielhaft wird Lara Croft von Tomb Raider genannt, eine komplexe Figur, die jedoch ebenfalls problematische Stereotype verkörpert. Die Entwicklung von Games war lange von einer homogenen, männlichen Kultur geprägt, die durch Fälle von Sexismus und Missbrauch belastet ist. Ein verstärkter Fokus auf Diversität könnte durch die Öffnung des Mediums zu mehr Vielfalt und neuen Perspektiven führen. Doch der Widerstand gegen Veränderungen, wie während der #GamerGate-Affäre zu beobachten war, zeigt die Herausforderungen, vor denen die Games-Branche noch steht.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass alle genannten Faktoren – das Bild des modernen Mannes, die ethischen Fragestellungen im Gaming und die kritische Auseinandersetzung mit Rollenbildern – dringend einer gesamtgesellschaftlichen Beachtung bedürfen. Die Herausforderung besteht darin, sowohl die positiven Aspekte des Spielens zu würdigen als auch die problematischen Strukturen zu hinterfragen, um eine empathischere und gerechtere Gesellschaft zu fördern.

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OrtGraz, Österreich
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