Psychologin warnt: Ein Test reicht nicht für Waffenfreigabe!

Amoklauf in Graz: Expertin Barbara Juen warnt vor unzureichenden Tests für Waffenfreigaben und fordert mehr Unterstützung für Betroffene.
Amoklauf in Graz: Expertin Barbara Juen warnt vor unzureichenden Tests für Waffenfreigaben und fordert mehr Unterstützung für Betroffene. (Symbolbild/DNAT)

Graz, Österreich - Am 12. Juni 2025 wurde Österreich von einem tragischen Amoklauf an einer Schule in Graz erschüttert, bei dem zehn Menschen ihr Leben verloren. Angehörige, Pädagoginnen und Jugendliche stehen vor der Herausforderung, ihren Alltag neu zu gestalten, während die Notfallpsychologin Barbara Juen vom Österreichischen Roten Kreuz die Aufarbeitung vor Ort koordiniert. Juen beschreibt die seelischen Erschütterungen der Betroffenen und die damit verbundenen Bedürfnisse. Viele Jugendliche versuchen, sich durch Ablenkung zu schützen, während Eltern und Lehrkräfte nach Verständnis und Unterstützung suchen.

Der Trauerprozess für die Betroffenen umfasst Abschiednahmen, Rituale und Beerdigungen, wobei die Rückkehr in den Schulalltag als besonders herausfordernd empfunden wird und große Ängste auslöst. Juen betont die Wichtigkeit, das Schulgebäude „emotional zurückzuholen“, was kleine Schritte und Rituale erfordert. Der Bedarf an Schulpsychologen, Schulsozialarbeitern und Schulärzten ist hoch, doch Juen kritisiert die derzeitige unzureichende Versorgung in Österreichischen Schulen.

Psychische Erkrankungen als Risikofaktor

Hinter den Amokläufen stehen häufig komplexe psychosoziale Zusammenhänge. Studien zeigen, dass psychische Erkrankungen ein Risikofaktor für Gewalt sind, aber nicht der alleinige Grund. Laut Lisa Pescara-Kovach, Professorin für pädagogische Psychologie, sind soziale Probleme, Einsamkeit und der Wunsch nach Aufmerksamkeit oft mit entscheidend. Diese Perspektive lenkt die Diskussion von der bloßen Suche nach schärferen Waffengesetzen hin zu einem ganzheitlicheren Ansatz.

Die Verantwortung für solche Taten wird häufig auf psychische Störungen geschoben. Nur 25 Prozent der Amokläufer zwischen 2000 und 2013 hatten eine diagnostizierte psychische Krankheit, was die Debatte um den Einfluss von Waffengesetzen und psychischer Gesundheit weiter kompliziert. Eine umfassende Risikobewertung, die alle relevanten Faktoren einbezieht, könnte präventiv wirken, insbesondere wenn es um den Zugang zu Waffen geht.

Waffenrecht und psychische Erkrankungen

Im Zuge der laufenden Diskussion über das Waffenrecht in Deutschland und Österreich haben Innenminister von Bund und Ländern die Angemessenheit der bestehenden Regelungen hinterfragt. Anstoß gab der Attentäter von Hanau, dessen psychische Verfassung nicht klar beurteilt werden konnte. Derzeit erfolgt eine Überprüfung der Zuverlässigkeit von Waffenbesitzern alle drei Jahre, doch viele Experten sehen dieses System als unzureichend an.

Die Notwendigkeit, die Gesetze zu aktualisieren, wird sowohl von den Innenministern als auch von Psychologen gefordert. Das neue Waffenrecht, das seit einem Jahr in Kraft ist, hat zwar einen ersten Schritt in Richtung schärferer Kontrollen gemacht, doch weitere Maßnahmen sind dringend erforderlich. Dazu gehört auch die Diskussion um ein Waffenbesitzverbot für psychisch kranke Personen. Juen hat zusätzlich betont, dass bestehende psychologische Tests für den Waffenerwerb oft nicht ausreichend sind. Sie fordert mehrere Testzeitpunkte und modernere Methoden, um eine umfassendere Prüfung der Antragsteller sicherzustellen.

Der Kampf gegen die Corona-Pandemie hat zwar aktuell Vorrang, aber der Sinn und die Dringlichkeit dieser Themen bleiben unbestritten. Eine bessere Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsämtern, Polizei und Waffenbehörden sowie Maßnahmen zur schnelleren Identifizierung möglicher Extremisten sind zentrale Anliegen in den bevorstehenden Gesprächen der Innenminister.

Die Forderungen, die aus diesen tragischen Vorfällen resultieren, sind klar: Eine tiefgehende Auseinandersetzung mit psychischer Gesundheit ist unverzichtbar, wenn es darum geht, die Gesellschaft besser zu schützen und zukünftige Tragödien zu verhindern. Fortschritte in der Stigmatisierung psychischer Erkrankungen sind erkennbar, doch es bleibt viel zu tun, um wirkliche Veränderungen in der Gesellschaft und im System herbeizuführen.

Für weitere Informationen lesen Sie die Berichte von oe24, DW und alle-schuetzenvereine.de.

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Ort Graz, Österreich
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