Diabetes mellitus betrifft in Europa rund 60 Millionen Menschen und hat weitreichende gesundheitliche Folgen, darunter eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen. Besonders ins Augenmerk rückt die Gürtelrose (Herpes Zoster), die bei Diabetikern ein um 24 Prozent höheres Risiko zur Erkrankung mit sich bringt. Diese Infektion wird durch das Varicella-Zoster-Virus verursacht, das häufig nach einer Windpockeninfektion im Körper verbleibt. Während die meisten Betroffenen asymptomatisch bleiben, kann das Virus reaktiviert werden, insbesondere bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem.
Ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel, wie er bei Diabetes häufig vorkommt, kann das Immunsystem erheblich schwächen. Dr. Helmut Brath, ein Diabetologe aus Wien, betont, dass selbst gut kontrollierte Diabetespatienten ein höheres Risiko für Infektionen haben. Rund um diese Problematik ergeben sich intensive Diskussionen über Impfstrategien sowohl in Deutschland als auch in Österreich.
Unterschiedliche Impfempfehlungen
In Österreich wird geraten, dass Diabetiker sich bereits ab dem 18. Lebensjahr gegen Gürtelrose impfen lassen sollten. Dies ist eine Reaktion auf die steigenden Infektionsraten und soll das Risiko schwerer Krankheitsverläufe verringern. Im Gegensatz dazu empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) in Deutschland, die Impfung erst ab 60 Jahren vorzunehmen, und hat bisher keine generelle Empfehlung für jüngere Diabetiker ausgesprochen, auch wenn eine Impfung für Personen ab 50 mit bestimmten Vorerkrankungen als Indikation möglich ist.
Dieser Unterschied ist nicht nur eine nationale Angelegenheit; er spiegelt wider, dass es in Europa unterschiedliche Strategien zur Impfprävention gibt. Diabetes- und Patientenorganisationen fordern, dass Deutschland seine Altersgrenze für die Gürtelrose-Impfung an die steigende Zahl an Diabetikern anpassen sollte. Eine umfassendere Impfstrategie könnte nicht nur das individuelle Endergebnis für viele Patienten verbessern, sondern auch die Belastung des Gesundheitssystems reduzieren.
Studien haben gezeigt, dass Gürtelrose ernsthafte Folgen haben kann, vor allem bei älteren und immungeschwächten Menschen. Eine der schmerzhaftesten Komplikationen ist die postherpetische Neuralgie, die noch lange nach dem Abklingen des Hautausschlags bestehen bleiben kann. Diabetiker sind besonders anfällig für solche schweren Verläufe. Die Notwendigkeit einer frühzeitigen Impfung wird zunehmend anerkannt.
Die Europäische Gesellschaft für Diabetes und Endokrinologie (ESE) fordert ebenfalls eine einheitliche Strategie zur Bekämpfung von Infektionsrisiken, einschließlich Gürtelrose. Deutschland steht unter Druck, seine Impfempfehlungen regelmäßig zu überprüfen. Die Diskussionen über die Anpassung der Richtlinien werden fortgesetzt, und es bleibt abzuwarten, ob die Stiko einer Absenkung der Altersgrenze zustimmen wird.
In Anbetracht der demografischen Veränderungen und der steigenden Prävalenz von Diabetes ist es entscheidend, auf diese Gesundheitsherausforderungen angemessen zu reagieren. Die Forderungen von Fachgesellschaften und Patientenverbänden nach einem aktualisierten Impfplan erscheinen vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit Gürtelrose mehr als berechtigt.
Ein solcher Plan könnte nicht nur zu einer Verbesserung der allgemeinen Gesundheit von Diabetikern beitragen, sondern auch langfristig Folgeerkrankungen vorbeugen. Eine frühzeitige Prävention könnte der Schlüssel zu einem gesünderen und schmerzfreieren Leben für viele Menschen mit Diabetes sein.