(Wien, 08-10-2024) In der heutigen Zeit stehen Mitarbeiter:innen von Rettungsleitstellen oft vor einer besonderen Herausforderung: Anrufer:innen können in Stresssituationen häufig nicht klar und präzise ihre Notlage beschreiben. Doch mit dem beispiellosen Fortschritt der Technologie eröffnet sich eine neue Dimension in der Notfallkommunikation. Echtzeit-Videonotrufe, ermöglicht durch Smartphones und innovative Softwarelösungen, erlauben es den Disponent:innen in Leitstellen, sich ein unmittelbares Bild von einem Notfall zu machen. Aktuell wird in einem Wiener Einkaufszentrum untersucht, wie diese Technologie sowohl Vorteile als auch Herausforderungen in der Praxis mit sich bringt.
Diese Simulationsstudie wird in Zusammenarbeit zwischen der Berufsrettung Wien, dem Verein PULS, dem Ludwig Boltzmann Institute Digital Health and Patient Safety sowie der Medizinischen Universität Wien durchgeführt. Ziel ist es, zu klären, wie Video-Notrufe die Qualität der Notfallversorgung verbessern können. Bisherige Ansätze haben bereits gezeigt, dass durch Videokommunikation die Reanimationsqualität bei Laien deutlich gesteigert werden kann. Doch wie sich Echtzeit-Videonotrufe auf die Anrufdauer, die korrekte Beschreibung der medizinischen Notlage sowie die Akzeptanz dieser neuen Methode auswirken, bleibt weitestgehend unklar.
Durchführung der Simulationsstudie
Im Rahmen dieser fünf Tage andauernden Untersuchung nehmen 20 Leitstellenmitarbeiter:innen an der Studie teil. Sie werden mit insgesamt 160 simulierten Notrufen konfrontiert, die von 80 freiwilligen Teilnehmer:innen ausgelöst werden. Dabei kommen professionelle Schauspieler:innen zum Einsatz, die die vorab definierten Notfälle nachstellen. Für die Video-Notrufe wird eine webbasierte Anwendung namens FlagMii® EML verwendet, die von der Frequentis Gruppe entwickelt wurde.
„Mit mehr als 1.000 Notrufen, die täglich in der Leitstelle der Berufsrettung Wien eingehen, ist eine effiziente Bearbeitung von größter Bedeutung, um Ersthelfer:innen optimal unterstützen und die Ressourcen des Rettungsdienstes bestmöglich einsetzen zu können“, erklärt Christina Hafner, Fachärztin an der Universitätsklinik für Allgemeine Anästhesie und Leiterin der Forschungsgruppe „Telemedizin im Rettungsdienst“ am Ludwig Boltzmann Institute. Sie betont, dass telemedizinische Lösungen sowohl für Ersthelfer:innen als auch für die Mitarbeiter:innen in den Leitstellen von erheblichem Nutzen sein können.
Die Wichtigkeit präziser Informationen während eines Anrufs hebt auch Mario Krammel, Chefarzt der Berufsrettung Wien, hervor: „Zusätzliche Informationen sind für uns entscheidend und können im entscheidenden Moment Leben retten. Mit der Nutzung der Möglichkeiten, die uns Technologien wie Echtzeit-Video bieten, können wir diese Inputs weiter verbessern. Dies hat direkte positive Auswirkungen auf die Effizienz und Effektivität unserer Hilfsmaßnahmen.“
Relevanz der Wiederbelebung
Die Bedeutung dieser Studie wird auch aus dem Blickwinkel der Wiederbelebung deutlich. Sebastian Schnaubelt, Geschäftsführender Präsident des Vereins PULS, betont: „Bei einem Herzstillstand sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit pro Minute um zehn Prozent. Nach etwa drei Minuten können im Gehirn irreversible Schäden auftreten. Daher ist es entscheidend, die Qualität der Wiederbelebung durch Videotelefonie zu erhöhen. Zugleich hilft es, Bedenken der Menschen abzubauen, denn eines ist klar: Nichts zu tun, ist der größte Fehler.“ PULS setzt sich aktiv gegen den plötzlichen Herztod ein und sieht den Einsatz modernster Technologien als den richtigen Weg an.
Die laufende Simulationsstudie findet im Einkaufszentrum Q19 in Wien-Döbling statt, und die Ergebnisse werden durch wissenschaftliche Methoden ausgewertet. Die Veröffentlichung der Ergebnisse in einem Fachjournal ist für die kommenden Monate geplant.
Für weitere Informationen zu diesen Entwicklungen, siehe die Berichterstattung auf www.meduniwien.ac.at.
Details zur Meldung