Es gibt Menschen, die stark mit bestimmten historischen Ereignissen verbunden sind, und der verstorbene Jesuit Josef Bruhin SJ war zweifellos eine solche Person. Sein Tod bringt Erinnerungen an eine bedeutende Epoche in der Schweizer Geschichte zurück. Bruhin war nicht nur ein Mitstreiter, sondern auch der Motor einer Bewegung, die für die Abschaffung von zwei bedeutenden Verboten kämpfte: dem Jesuiten- und dem Klostergründungsverbot.
Diese beiden Gesetze waren Überbleibsel aus dem Sonderbundskrieg und führten dazu, dass Katholiken in der Schweiz bis in die 60er Jahre als Bürger zweiter Klasse wahrgenommen wurden. Der Widerstand gegen diese Gesetze nährte tief sitzende Gefühle der Demütigung unter vielen Gläubigen und führte gleichzeitig zu einem Engagement für die Rechte und die Sichtbarkeit der katholischen Gemeinschaft. Bruhin arbeitete als Sekretär einer Kommission und setzte sich unermüdlich für die Abschaffung dieser diskriminierenden Regelungen ein, was schließlich 1973 in einer nationalen Abstimmung gelang.
Ein Leben für die Kirche und die Gerechtigkeit
Josef Bruhin war bekannt für sein eindringliches und empathisches Wirken in der Kirche. Er war unermüdlich unterwegs, um für die Anliegen der Katholiken zu werben. Ein früherer Generalsekretär der CVP beschrieb ihn als „tougher Typ“, was zeigt, dass Bruhin nie um klare Worte verlegen war und sein Anliegen mit einer unerschütterlichen Entschlossenheit verfolgte. Sein Engagement reichte weit über die politischen Grenzen hinaus und umfasste zahlreiche Stellungnahmen und Vorträge. Er war als Botschafter fordernd und überzeugend, auch in schwierigen Momenten. So erinnerte er sich an eine Veranstaltung, in der man ihm nachsagte, dass sie zwar seine Argumente schätzten, aber sie dennoch unsicher waren, ob man ihm Glauben schenken könne.
Sein Anliegen blieb nicht auf das Verbot beschränkt. Bruhin setzte sich für eine glaubwürdigere Kirche ein – eine Kirche, die ihren sozialen und spirituellen Auftrag ernst nahm. Er war in zahlreichen Gremien tätig, etwa in der Pastoralplanungskommission und in der Nationalkommission Justitia et Pax. Durch sein vielseitiges Engagement wurde sein Einfluss auf die Kirche und die Gesellschaft deutlich. Bruhin war ein aktives Mitglied in der ökumenischen Expertenkommission zur Überarbeitung des Zürcher Kirchengesetzes, und er war Co-Präsident von Initiativen zur Förderung von Frieden und Gerechtigkeit.
Führungsrollen im Jesuitenorden
Bruhin übernahm verschiedene verantwortungsvolle Positionen im Jesuitenorden, unter anderem war er von 1975 bis 1981 Provinzial der Schweizer Jesuiten. Eine seiner größten Herausforderungen bestand darin, das Gymnasium Stella Matutina in Feldkirch zu schließen, was ihn emotional sehr forderte. Dennoch behielt er stets die Balance und das Gespräch mit verschiedenen Persönlichkeiten innerhalb des Ordens. Seine Fähigkeit, unterschiedliche Meinungen zu respektieren und ein offenes Ohr zu haben, machten ihn zu einer wichtigen Figur in der Jesuiten-Community.
Er hielt die Zeitschrift „Orientierung“ und deren Vision verteidigungsbereit, auch wenn römische Instanzen kritische Artikel missbilligten. Bruhin war ein Verfechter des Dialogs und stellte sich oft in die Defensive für die Meinungen seiner Mitstreiter. Oft sagte er: „Es geht mir um das Reich Gottes, das andere ertrage ich“, was seinen unermüdlichen Einsatz für eine bewegliche und lebendige Kirche unterstreicht.
Insgesamt prägte Josefs Bruhin die katholische Kirche in der Schweiz über viele Jahrzehnte hinweg und blieb bis ins hohe Alter ein engagierter Streiter für Gerechtigkeit. Seine Orientierung am Reich Gottes war das zentrale Motiv seines Wirkens. Er hielt die Kirche für verpflichtet, die Botschaft von Gott unverkürzt zu verbreiten, und wies darauf hin, dass sie sich nicht in eine blasse Neutralität zurückziehen dürfe.
Josef Bruhin bleibt in Erinnerung als ein freundlicher Mann mit einer bemerkenswerten Empathie, der die Menschen um sich herum schätzte. Er war ein lebendiges Beispiel für eine engagierte Kirche und eine bedingungslose Unterstützung für Minderheiten und Unterdrückte. Sein Erbe wird sowohl in der inneren Kirche als auch in der öffentlichen Wahrnehmung der Katholiken in der Schweiz weiterleben.
Mehr Informationen über sein Lebenswerk und Engagement finden Sie im ausführlichen Bericht auf www.kath.ch.