Alfred Dorfer hat in seinem neuen Solo-Programm „GLEICH“ im Innsbrucker Treibhaus seine Sicht auf die gegenwärtigen Herausforderungen der Gesellschaft dargelegt. In einem Interview, das nach der Vorpremiere stattfand, thematisierte er die Zerklüftungen innerhalb der Gesellschaft und äußerte seine Ansichten zu den Ergebnissen der Nationalratswahl, die er als nicht unerwartet bezeichnete. Besonders emphatisch beurteilte Dorfer die Diffamierung von Wählern der FPÖ und nannte diese Aussagen „unglaublich menschenverachtend“.
Für Dorfer ist das Treibhaus ein vertrauter Ort. „Es ist wie nach Hause kommen“, bemerkte er, da das Publikum dort seit Jahren ihm treu bleibt. In seinem neuen Programm versucht er, aktuelle Themen wie Bildung und Klimawandel in verdaulichen Portionen zu präsentieren, um sie aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten und die Zuschauer zum Nachdenken zu bringen.
Politisches Kabarett und gesellschaftliche Verantwortung
Die Frage, ob Kabarett politisch sein muss, bejahte Dorfer entschieden, unterscheidet aber zwischen politischem Kabarett und politisch gefärbtem Kabarett. Seiner Meinung nach ist es wichtig, gesellschaftliche Themen anzugehen, ohne dabei auf Personen zu zielen oder Namen übergriffig zu verwenden.
In Bezug auf die aktuelle politische Landschaft äußerte er, dass die Wähler nicht einfach als naive Stimmen betrachtet werden dürfen. In seinem Kommentar zur Situation in Deutschland, wo er die wachsende Stärke der AFD und Sahra Wagenknecht anführt, spricht er von einer allgemeinen Unzufriedenheit mit dem politischem Status quo. „Die Botschaft der Wähler ist klar: ‚Wir wollen nicht mehr so weitermachen wie bisher,'“, sagte er. Dorfer kritisiert die Politik, die versäumt hat, auf diese Bedürfnisse zu reagieren, und konstatiert, dass das Wahlergebnis nicht als Überraschung betrachtet werden kann.
Dorfer erkannte auch die Ratlosigkeit vieler Politischer Akteure an. Dies sei eine Konsequenz der Untätigkeit, die über Jahre dazu geführt hat, dass die Bürger sich von den etablierten Parteien entfremdet fühlen. „Wenn Parteien, wie die Sozialdemokraten, keine klare Haltung zu wichtigen Themen aufbauen können, ist das ein großes Problem für die Demokratie“, äußerte Dorfer. Er ist der Meinung, dass jetzt die gesamtgesellschaftliche Anstrengung gefragt sei, um Lösungen zu finden und die Bevölkerung wieder zu erreichen.
Der Kabarettist sieht in der seit der Corona-Pandemie bestehenden Perspektivlosigkeit eine echte Bedrohung für die Demokratie. In seiner Analyse von heute bezeichnet er die sich aufbauende Generation der jungen Menschen als verwöhnt, da sie lange Zeit in einer sicheren sozialpolitischen Blase gelebt haben. Die negativen Informationen und die Unsicherheiten, die sich durch verschiedene Krisen – von Corona bis zum Ukraine-Krieg – verstärkt haben, motivieren viele zu einem Pessimismus, der sich deutlich im gesellschaftlichen Diskurs zeigt.
Wie die Zukunft besser gestaltet werden kann, sieht Dorfer darin, dass die politischen Akteure und die Gesellschaft gemeinsam Verantwortung übernehmen müssen. Er verweist auf die positiven Bewegungen, die in der Gesellschaft erkennbar sind, wie beim Hochwasser, wo Menschen zusammenkamen, um zu helfen, unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung. Förderung eines positiven Miteinanders könnte den Schlüssel zu einem positiven gesellschaftlichen Wandel darstellen, glaubt er.
Dorfer ist mit seinen 200.000 Zuschauern im letzten Programm ein Beweis dafür, dass es ihm gelingt, Publikum über den eigenen Kreis hinaus zu erreichen. Dennoch ist er sich bewusst, dass es viele gibt, die bewusst den Kontakt zu ihm meiden. „Ich bin kein Nischenkasperl, ich würde mir wünschen, dass alle Menschen über ihre politischen Vorlieben hinweg die Möglichkeit haben, mir zuzuhören“, deutete er an.
Das Gespräch mit Dorfer zeigt, dass sowohl der Kabarettist als auch die Gesellschaft insgesamt gefragt sind, den Dialog wieder auf eine freundlichere und ausgewogene Basis zu stellen. Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind groß, aber Dorfer bleibt optimistisch und glaubt fest an die Möglichkeit der positiven Veränderung, selbst wenn diese nur im kleinen Rahmen sichtbare Effekte zeigen kann.
In diesem Sinne stellt er auch fest: „Das Tödlichste für eine Demokratie ist die Perspektivlosigkeit“. Solche Perspektiven zu schaffen, wird für die kommenden Jahre eine entscheidende Aufgabe sein. Mehr zu diesem Thema und den Gedanken von Alfred Dorfer können Sie in dem Artikel auf www.vol.at lesen.