In Österreich bleibt ein erheblicher Teil der heimischen Wolle ungenutzt, was die Initiatoren eines neuen Modeprojekts als Anlass nahmen, gemeinsam etwas zu ändern. Experten aus verschiedenen Bereichen, von Schafbauern bis hin zu Nähbetrieben, haben sich zusammengetan, um ein innovatives Kleidungsstück aus Wolle zu entwickeln.
Die Vision hinter dem Projekt ist es, ein modernes und ansprechendes Produkt herzustellen, das die Vorurteile über Wolle überwinden soll. Roland Taferner, der Geschäftsführer des Bundesverbands für Schafe und Ziegen, bringt seine Idee auf den Punkt: „Wir brauchen etwas, das nicht nach Trachten- oder Oma-Jacke aussieht, etwas, das man einfach anziehen kann und das sofort gut aussieht.“ Bei der ersten Anprobe seiner neuen Weste war ihm der Stolz ins Gesicht geschrieben. „Sie sieht aus wie ein Windbreaker, aber vollständig plastikfrei“, erklärt er begeistert.
Hintergrund der Initiative
Die Idee für die "Weste vom Tiroler Bergschaf" entstand vor genau einem Jahr beim Kongress des alten Handwerks in St. Lamprecht. Während eines Workshops stellte das Team fest, dass jährlich etwa 800 Tonnen Wolle in Österreich produziert, aber nur ein Bruchteil davon verarbeitet wird. „Die Schafwirtschaft ist der einzige wachsende Bereich in der Landwirtschaft“, beschreibt Taferner die Situation. Schafe werden vor allem für ihr Fleisch und ihre Milch gezüchtet, spielen jedoch auch eine wesentliche Rolle in der Landschaftspflege.
Das Projekt verfolgt das Ziel, der Wolle wieder einen Wert zu geben, nachdem die Verarbeitungskapazitäten in der Textilbranche stark geschrumpft sind. Laut Taferner erhält ein Bauer nur 60 Cent pro Kilo rohem Vlies, was die Erzeugung auf lange Sicht unattraktiv macht. “Die meisten Halter haben nur wenige Tiere. Bei diesen geringen Mengen ist der Transport zur nächsten Sammelstelle oft nicht rentabel“, erklärt er.
Der Prozess und die Beteiligten
Ein „motiviertes Team“ hat sich gefunden, um ein Kleidungsstück zu entwickeln, das vom Schaf bis zur Näherei in Österreich nachhaltig und transparent hergestellt wird. Der Produktionsprozess umfasst sieben Stationen, die auf der Website von Autwool detailliert beschrieben sind. Der Weg beginnt mit der Schur der Schafe, da viele Rassen geschoren werden müssen, da ihr Fell kontinuierlich wächst.
Insgesamt 1000 Kilogramm Rohwolle vom Tiroler Bergschaf wurden in die Schafwollwäsche Regensburger im Ötztal gebracht, die einzige größere Schafwollwäsche im südlichen deutschsprachigen Raum. Die Wolle wurde gereinigt, kardiert, gesponnen und bei verschiedenen Betrieben weiterverarbeitet, darunter Ferner Wolle im Lungau und Gottstein, ein traditionsreiches Unternehmen im Ötztal. Am Ende resultierten 468 Kilogramm fertigem Material.
Gert Rücker, der das steirische JMB Fashion Team für die Bekleidungsproduktion leitet, sieht in diesem Projekt nicht nur eine Chance für die humane Textilproduktion, sondern betont auch die Notwendigkeit, die bestehenden Betriebe zu fördern und sichtbar zu machen.
Das Design
Das Design der Weste wurde von Stephanie Höcker entworfen. Die Designerin hat zuvor für Adidas gearbeitet und lebt nun auf einem Biohof in Tirol, wo sie mit Leinen aus eigener Produktion arbeitet. „Wir haben nicht mit einem Marketingkonzept angefangen, sondern unmittelbar bei der Naturfaser“, erklärt sie den kreativen Vorgang. Es war ihr wichtig, dass alle Beteiligten eng zusammenarbeiten und jeder Schritt transparent kommuniziert wird.
Trotz der Herausforderungen, die heimische Wolle betrifft, glaubt Taferner an die Qualität der verwendeten Materialien. Er spricht über die verschiedenen Rassen, die in Österreich existieren, und deren spezifische Eigenschaften. Zwar ist heimische Wolle oft nicht so weich wie importierte Produkte, jedoch hat sie viele Vorteile: Sie ist robust, fest und bietet exzellenten Schutz gegen Wind und Wasser.
Auf einen Blick
Autwool: Die Weste aus Schafwolle kostet 360 Euro, ist online bestellbar und kann in verschiedenen Geschäften probiert werden, darunter in der Wiener Konfektion, Linz bei Xiling Fair Fashion und Innsbruck beim Tiroler Schafwollzentrum.
Web: autwool.com
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