Am 1. Oktober versammelten sich etwa 200 Ehrengäste im Lern- und Gedenkort Schloss Hartheim, einem Ort, der während der NS-Zeit für grausame Euthanasiepraktiken bekannt war. Unter den Anwesenden befanden sich Angehörige und Nachkommen der Opfer sowie diplomatische Vertreter aus 20 Ländern. Diese Treffen sind eine wichtige Gelegenheit, um der fast 30.000 Menschen zu gedenken, die zwischen 1940 und 1944 in dieser Einrichtung ermordet wurden.
Schloss Hartheim diente als NS-Euthanasieanstalt, wo viele der Opfer, die teils aus Heil- und Pflegeeinrichtungen und teils aus Konzentrationslagern stammten, ein grausames Schicksal erlitten. Landeshauptmann Thomas Stelzer sprach während der Gedenkfeier Worte des Gedenkens und betonte die Verantwortung der Region im Umgang mit dieser dunklen Geschichte. Er forderte die Gemeinschaft auf, den Abgrund der Vergangenheit sichtbar zu machen und Teil einer Erinnerungskultur zu sein, die jeglichem Extremismus und jeder Form von Hetze mit Null-Toleranz begegnet.
Gedenkrede und Zeitzeugenerfahrungen
Die emotionale Gedenkrede hielt Nikolaus Habjan, ein renommierter Nestroy-Preisträger, der sich des Schicksals von Friedrich Zawrel annahm, einem Überlebenden der medizinischen Experimente am Wiener „Spiegelgrund“. Habjan verdeutlichte, wie wichtig persönliche Berichte sind, um das Bewusstsein für die Geschichte zu schärfen. „Ich weiß nur, was hier im Schloss Hartheim geschah, weil ich das Glück hatte, Friedrich Zawrel kennenzulernen. Er hat mir die Augen geöffnet“, berichtete Habjan und erzählte von der Begeisterung der Menschen in den 1930er Jahren für Adolf Hitler, die zu den unmenschlichen Verbrechen führten, die folgen sollten.
Nach der Gedenkrede wurden am Friedhof der Opfer verschiedene Gebete von Vertretern aus der katholischen und der evangelischen Kirche sowie der Israelitischen Kultusgemeinde gelesen. Dies war in zweifacher Hinsicht bedeutsam, da es nicht nur der Erinnerung diente, sondern auch das Gefühl der Gemeinschaft und der Trauer unter den Anwesenden stärkte. Anschließend wurde ein Mahnmal zur Gedenkfeier übergeben, um den Euthanasie-Opfern von Hartheim ein bleibendes Andenken zu setzen. Zudem wurde eine Ausstellung mit Kunstwerken von Schülern des Körnergymnasiums Linz eröffnet, was darauf hinweist, dass die Erinnerung an diese schrecklichen Ereignisse auch die jüngere Generation betrifft.
Historischer Kontext und Bedeutung
Der 1. Oktober hat eine besondere historische Bedeutung, da an diesem Datum der Gnadentoderlass von Adolf Hitler erlassen wurde, der den rechtlichen Rahmen für die Euthanasieprogramme bildete. Es ist ein Datum, das die grausame Realität dieser Vergangenheit mit einem konkreten Ereignis verbindet, welches nicht vergessen werden darf. Der Verein Schloss Hartheim, 1995 gegründet, hat das Ziel, an diesem Ort der Erinnerung und der gesellschaftlichen Auseinandersetzung einen Raum zu schaffen, der von Respekt und Anstand geprägt ist.
Diese jährliche Gedenkveranstaltung ist nicht nur eine Trauerfeier, sondern auch ein Appell an alle, die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. Die Herausforderungen und Risiken des Extremismus sind auch heute noch relevant, und die Erinnerung an die Opfer von Schloss Hartheim geht Hand in Hand mit einem Aufruf zur Wachsamkeit und zum Engagement für eine tolerante Gesellschaft.