Gmunden

Thomas Bernhard: Regensburg und die Kunst des Schimpfens

Thomas Bernhard kritisiert 1967 bei seiner Preisverleihung in Regensburg die Stadt als "kalt und abstoßend" – und bringt damit seine Abneigung gegen europäische Städte auf den Punkt!

Im Herbst 1967 machte sich der bekannte Schriftsteller Thomas Bernhard auf den Weg von Wien nach Regensburg, um dort eine wichtige Ehrung entgegenzunehmen. Der Kulturkreis der Deutschen Industrie hatte ihm den renommierten Literaturpreis verliehen, der mit einer Summe von 8.000 DM dotiert war. Für Bernhard, der gerade aus dem Krankenhaus entlassen worden war und mit gesundheitlichen Problemen kämpfte, war dieses Geld von großer Bedeutung. Interessanterweise war er jedoch wenig an der Stadt Regensburg selber interessiert. Vielmehr verlangte die Geldprämie seine Aufmerksamkeit.

Die Anreise nach Regensburg dauerte damals etwa vier Stunden. Bernhard, der für seinen scharfen Witz und seine oft bissige Kritik bekannt war, notierte, dass die Donau immer schmaler wurde und die Landschaft zunehmend schöner – bis sie schließlich „öd, grau und fade“ wurde, was für ihn die Beschreibung von Regensburg war. Im Hotel „Thurn und Taxis“, wo auch eine Kollegin von ihm, die Dichterin Elisabeth Borchers, eingecheckt hatte, fand er jedoch vorübergehend Zuflucht. Die Preisverleihung selbst fand im Alten Rathaus statt und stellte sich als unangenehm heraus, als der Vorsitzende der Deutschen Industrie, Berthold von Bohlen und Halbach, tatsächlich das Geschlecht der beiden Preisträger verwechselte.

Kritik als Kunstform

Die negativen Bemerkungen Bernhards über die Städte, die er besuchte, waren nicht selten ein wiederkehrendes Motiv in seinem Werk. Regensburg musste sich nicht einmal so furchtbar hören wie manch andere Städte, die er mit vergleichbarem Spott überzog. In seinen Büchern äußerte er sich oft abfällig über Orte und deren Bewohner, was nicht nur seine Meinung reflektierte, sondern auch eine Einladung an seine Leser war, die eigene Umgebung kritisch zu hinterfragen. So wurde er in vielen Orten, die er einmal scharf kritisierte, mittlerweile fast als Ehrenbürger gefeiert. Die Vereinigung von scharfer Kritik und einer gewissen kulturellen Anerkennung ist ein bemerkenswertes Phänomen.

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Ein besonders prägnantes Beispiel seiner Wortwahl fand sich in seinem Werk „Die Macht der Gewohnheit“, in dem er Augsburg als „muffiges, verabscheuungswürdiges Nest“ und als „Lechkloake“ betitelte – was zu einem handfesten Skandal führte. Der Oberbürgermeister der Stadt wandte sich an den Verlag und machte seinem Unmut Luft. Ungeachtet dieser Kontroversen wird Bernhards unverblümte Art oft als eine Art Kunstform angesehen, die das kritische Nachdenken fördert.

Bernhards Blick auf Städte

In seinen Schriften ließ Bernhard keinen Stein auf dem anderen, wenn es um die Darstellung von Städten ging. In Bremen beispielsweise nahm er einen Literaturpreis entgegen, um sich gleich danach im Hotelzimmer zu verstecken, den Anblick der Stadt zu meiden. Passau wurde in „Der Untergeher“ als „eine der hässlichsten Städte überhaupt“ bezeichnet, während Paris für Bernhard als „abscheulich“ galt. Wien war für ihn ebenfalls alles andere als ein Ort, den man schätzen konnte. Er bezeichnete die Stadt als „fürchterliche Genievernichtungsmaschine“ und gab in einer seiner Schriften zu bedenken, dass man sich vor einem Aufenthalt in Wien besser schütze.

Eine Ausnahme bildete Lissabon, das in seinem Werk als die „herrlichste aller Städte“ gepriesen wurde. Auch diese Aussagen verdeutlichen das ambivalente Verhältnis Bernhards zu verschiedenen urbanen Orten, welches oft von einer tiefen Sehnsucht nach einem „Hause“ geprägt war, das für ihn in seinem Heimatort Oberösterreich zu finden war.

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Der Bräunerhof in Wien war für Bernhard ein beliebter Rückzugsort, wo er oft stundenlang bei einer „Melange“ saß und an seinen Texten arbeitete. Trotz seiner Abneigung gegen die Stadt liebte er diesen Kaffeehausbesuch, da er hier die Möglichkeiten fand, die ihm das hektische Stadtleben nicht bot. Während seiner Aufenthalte dort festigte sich bei ihm das Bild, dass er in „einer bis an den Rand mit ihrem Unrat angefüllten Kloake“ lebe.

In vielen dieser Überlegungen steckt nicht nur spitze Zunge, sondern auch eine gigantische Vorliebe für das Verbalgeschick – das sich Bernhard in Erzählungen wusste zuzulegen. In Bezug auf Regensburg bleibt zu bemerken, dass die harsche Kritik an der Stadt eine ständige Herausforderung war, die sich durch sein gesamtes Schaffen hindurchzog. Informationen dazu finden sich unter anderem in seinem posthum veröffentlichten Werk „Meine Preise“ sowie in der Sammlung „Städtebeschimpfungen“, die einen schönen Überblick über seine oft humorvolle, manchmal tragische Art zu Schreiben gibt. Das künstlerische Erbe Bernhards hat auch nach seinem Tod einen bleibenden Eindruck hinterlassen und wird in der Literaturwelt hoch geschätzt.

Die Zitate und Erwähnungen in Bernhards Werken spiegeln nicht nur seine persönliche Sichtweise wider, sondern laden die Leser ein, diese Gedanken weiterzudenken und eigene Meinungen zu bilden. Diese Kombination aus scharfer Beobachtungsgabe und kreativer Sprachgewalt nutzt der Autor meisterhaft, um eine ehrfurchtgebietende Wirkung zu erzielen.

Seine radikalen Urteile wurden zum Markenzeichen seines Schaffens, und sie stehen im Mittelpunkt einer künstlerischen Auseinandersetzung mit der Welt, die viele Leser bis heute anspricht. Obwohl seine Kritik oft schmerzhaft war, tragen sie doch eine gewisse zeitlose Relevanz, die auch in der heutigen Zeit Gehör findet und zum Nachdenken anregt.

Quelle/Referenz
regensburger-nachrichten.de

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