In der heutigen Gesellschaft ist das Thema Armut präsenter denn je. In Oberösterreich betrifft diese Notlage insbesondere alleinerziehende Frauen. Michaela Haunold, die Leiterin der Caritas für Beratung und Hilfe, berichtet von einem alarmierenden Anstieg der Hilfesuchenden: „In diesem Jahr hatten wir über 2.800 Frauen in der Beratung. Davon waren 20 Prozent alleinerziehend und ebenso 20 Prozent älter als 60 Jahre. Im Vergleich zu 2023 ist die Zahl der Hilfesuchenden um etwa zehn Prozent gestiegen. Bei alleinerziehenden Frauen liegt das Armutsrisiko sogar bei 48 Prozent, was signifikant höher ist als beim Rest der Bevölkerung.“ Diese Statistiken unterstreichen, dass Armut ein weibliches Problem darstellt.
Verzicht ist für viele Frauen im Alltag zu einer eisernen Regel geworden. Häufig sind sie gezwungen, ihre Ausgaben drastisch zu reduzieren, was nicht nur die materielle Lebensqualität, sondern auch das soziale Leben stark einschränkt. „Die Miete kann oft nicht mehr bezahlt werden, und auch für grundlegende Lebensmittel fehlt das Geld. Es geht hierbei um mehr als nur die unmittelbare finanzielle Notlage; es betrifft auch die soziale Teilhabe. Viele Betroffene können sich nicht leisten, Freunde oder Familie in ihre Wohnungen einzuladen, weil diese oft ungemütlich und kalt sind“, so Haunold weiter.
Ursachen der Benachteiligung
Einer der Hauptgründe für diese schwierige finanzielle Lage liegt in der Arbeitsmarktsituation von Frauen. Statistiken zeigen, dass etwa die Hälfte der erwerbstätigen Frauen in Teilzeit arbeitet, während bei Männern nur 13 Prozent betroffen sind. Diese Teilzeitarbeit hat direkte Auswirkungen auf das Einkommen und letztlich auch auf die Rentenansprüche. Christine Lasinger, die Geschäftsführerin der Frauenberatungsstelle BABSI in Freistadt, betont, dass Kindererziehung häufig der Grund für die Teilzeitbeschäftigung ist. „In 90 Prozent der Fälle ist es noch immer die Mutter, die sich um die Kinder kümmert. Oft kommen Frauen noch zusätzlich in die Bredouille, weil Alimente verspätet gezahlt werden, trotz der Tatsache, dass die laufenden Kosten beglichen werden müssen“, erklärt sie.
Die Auswirkungen von Armut sind oft schambehaftet. „Viele Frauen fühlen sich unwohl, über ihre finanzielle Notlage zu sprechen“, so Lasinger. Oft wird das Thema in den ersten Gesprächen nicht angesprochen, sondern erst später, wenn ein gewisses Vertrauen zur Beraterin aufgebaut ist. „Es ist eine Tatsache: Niemand sagt gerne, dass er sich etwas nicht leisten kann oder dass die eigenen Kinder in der Schule aufgrund der finanziellen Lage nicht teilnehmen können. Es wird jedoch immer häufiger Realität“, fügt sie hinzu.
Forderung nach politischen Veränderungen
Um diesen Missständen entgegenzuwirken, fordert die Caritas grundlegende strukturelle Veränderungen. Haunold macht deutlich: „Es sollte ein Umdenken stattfinden. Politische Maßnahmen sind entscheidend, um diese Armutsproblematiken zu mildern. Dazu zählen zum Beispiel die Einführung von bezahlter Arbeit im familiären Umfeld und die Anhebung der Ausgleichszulage, die derzeit etwa 300 Euro unter der Armutsgefährdungsgrenze liegt.“ Darüber hinaus fordert sie mehr faire Löhne, denn der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen ist nach wie vor erheblich.
Haunold resümiert, dass die Unterstützung von Sozialeinrichtungen oft nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist und nicht ausreicht, um die akuten Bedürfnisse der Betroffenen zu decken. Es ist klar, dass umfassendere politische Maßnahmen notwendig sind, um langfristige Lösungen zu finden und den Frauen in Oberösterreich eine sichere und lebenswerte Zukunft zu ermöglichen. Mehr Details zu diesem Thema finden sich in einem ausführlichen Bericht auf ooe.orf.at.