Eine aktuelle Umfrage zeigt deutlich, dass die Erwartungen der Bürger an ihre Gemeinden vor den Gemeinderatswahlen im Jänner 2025 extrem hoch sind. Johannes Pressl, Präsident des niederösterreichischen und österreichischen Gemeindebundes, betonte in St. Pölten, dass die Bürger besonderes Augenmerk auf Themen wie die Nahversorgung legen. Obwohl die Gemeindepolitik Teil des größeren politischen Kontextes ist, hat sie nach wie vor sehr hohe Vertrauenswerte.
Die vom Institut für Demoskopie und Datenanalyse (IFDD) durchgeführte Umfrage ergab eine interessante „Pattsituation“: 52 Prozent der Befragten vertrauen der Gemeindepolitik, während 45 Prozent dies nicht tun. Das Vertrauen in die Bundespolitik ist im Vergleich dazu deutlich geringer, mit nur 25 Prozent der Stimmen für und 73 Prozent gegen das Vertrauen. Zudem sind 71 Prozent der Meinung, dass das Amt des Bürgermeisters als Vollzeitposition ausgeübt werden sollte.
Erwartungen im Wandel
Die Umfrage zeigt auch, dass die Erwartungen der Bevölkerung an die Dienstleistungen ihrer Gemeinden einen Wandel durchlaufen haben. Wo früher die Themen Wasser- und Abwasserversorgung sowie Schulen im Fokus standen, drängen nun Themen wie die Finanzierung von Arztpraxen und Nahversorgern sowie die Bereitstellung von Bankomaten in den Vordergrund. Pressl wies auf die Komplexität dieses „Spannungsfeldes“ hin, da für viele dieser Dienstleistungen oft die Zuständigkeit fehlt oder die finanziellen Mittel nicht ausreichen.
Zusätzlich sind drei von vier Befragten der Ansicht, dass ein Beitrag von Zweitwohnsitzern zur Nutzung der Gemeindeinfrastruktur fair wäre. Pressl sagte, dass an diesem Thema bereits gearbeitet wird, insbesondere in Zusammenarbeit mit dem Gemeindevertreterverband der SPÖ.
Die Umfrage ergab zudem überraschende Ergebnisse im Hinblick auf das soziale Engagement in den Gemeinden. 52 Prozent der Teilnehmer gaben an, keinen Kontakt zu ihren Nachbarn zu suchen, und 47 Prozent möchten sich nicht langfristig in der Gemeinde engagieren. Die Bereitschaft zur Beteiligung scheint also begrenzt, wobei viele sich lieber projektbezogen engagieren würden.
Ein wichtiges Thema in der Diskussion war auch der Verkehr; die Erhaltung der Straßen wird von den Befragten als vorrangige Aufgabe angesehen. 69 Prozent der Befragten gaben an, öffentliche Verkehrsmittel in ihrer Gemeinde nie oder selten zu nutzen. Weniger als ein Viertel der Befragten spricht sich für eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h im Ortsgebiet aus, während die überwältigende Mehrheit dagegen ist.
Wahlen im Jänner 2025
Die Meinungen zur Leerstandsabgabe waren überwiegend positiv, und viele Befragte äußerten Bedenken hinsichtlich zu viel Flächenversiegelung in ihrer Gemeinde. Pressl warnte jedoch, dass ohne ein gewisses Maß an Wachstum die Infrastruktur nicht nachhaltig bleibt. Er präferierte eine motivierende Strategie anstelle einer Steuerbelastung in Form einer Leerstandsabgabe.
Angesichts der jüngsten Überflutungen in der Region wollen 84 Prozent dafür plädieren, dass Flüssen mehr Raum für Hochwasser gegeben wird. Eine Mehrheit lehnt jedoch Eingriffe in Eigentumsrechte ab. Bei den bevorstehenden Wahlen werden insgesamt in 568 von 573 Gemeinden in Niederösterreich gewählt. Die Umfrage diente als „Standortbestimmung“ und wird als Anstoß für Diskussionen betrachtet, wobei jede der einzelnen Gemeinde wahlweise auf ihre spezifischen Herausforderungen reagieren wird.
Die Umfrage wurde in der Woche der Nationalratswahl, zwischen dem 23. und 29. September, unter 2.400 wahlberechtigen Bürgern mit Hauptwohnsitz in Niederösterreich durchgeführt, mittels Computer Assisted Web Interviewing (CAWI). Die Ergebnisse deuten auf eine hohe Erwartungshaltung und das Bedürfnis nach Veränderungen in der Kommunalpolitik hin, was für die kommenden Wahlen von ausschlaggebender Bedeutung sein könnte. Details zur Umfrage sind auf noe.orf.at zu finden.
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