Beim elften Ehinger Wirtschaftsforum gewährte Prof. Rainer Kirchdörfer, Rechtsanwalt und Honorarprofessor, Einblicke in die Lage der Familienunternehmen in Deutschland. In einem eindringlichen Vortrag stellte er dar, wie wichtig diese Unternehmen für die Stabilität der Wirtschaft sind. Er wählte dafür den Standort BED Businesspark in Ehingen als richtigen Rahmen, um zu zeigen, was aus der Asche eines gescheiterten Unternehmens, hier der ehemaligen Schlecker-Zentrale, entstehen kann.
Kirchdörfer betonte, dass 92 Prozent der Unternehmen in Baden-Württemberg Familienunternehmen sind, die eine zentrale Rolle für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die wirtschaftliche Stabilität einnehmen, vor allem im ländlichen Raum. Er warnte jedoch davor, dass viele Firmeninhaber die Zukunft ihrer Unternehmen aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage in Frage stellen. „Wir leben in einer Zeit, wo sich Familienunternehmen fragen, ob sich das alles noch lohnt“, äußerte er besorgt.
Die Herausforderungen der Familienunternehmen
Die wirtschaftliche Situation hat sich laut Kirchdörfer dramatisch verschärft. Insbesondere die zentralen Branchen wie die Chemie- und Automobilindustrie stehen unter immensem Druck. Die hohen Strom- und Gaspreise in der Europäischen Union im Vergleich zu den USA drücken zusätzlich auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen. Kirchdörfer kritisierte die politischen Rahmenbedingungen, die durch kurzfristige Entscheidungen keine lange Planungssicherheit bieten. Der geplante Ausstieg von Verbrennungsmotoren, der in einen Zeitraum von zehn Jahren erfolgen soll, zeigt, wie intransparente politische Strategien der Industrie schaden können.
Ein weiteres zentrales Problem ist die Bürokratie, die laut Kirchdörfer für viele Unternehmen zur größten Bedrohung geworden ist. Seit 2019 wurden in der EU über 13.000 Rechtsakte geschaffen, was die administrativen Hürden für mittelständische Firmen erhöht hat.
Generationenwechsel und Perspektiven
Ein alarmierendes Zeichen ist, dass einige Unternehmer überlegen, ihre Firmen zu verkaufen, um der kommenden Generation die schwierige Situation zu ersparen. Kirchdörfer zufolge hat sich die Zahl dieser Überlegungen verdoppelt. „Wir müssen schauen, dass wir sie nicht verlieren“, mahnte er und verdeutlichte, dass Deutschland als Standort für Familienunternehmen weiterhin wichtig ist, während die Wachstumsmärkte oft im Ausland liegen. Viele Familienunternehmen ziehen daher in Betracht, ihre Investitionen zurückzufahren.
Kirchdörfer stellte sechs Maßnahmen vor, durch die die Politik Familienunternehmen besser unterstützen könnte. Zu diesen Maßnahmen gehört der Abbau übermäßiger bürokratischer Hürden, um den Unternehmen Zeit und Kosten zu sparen. „Wenn Sie als Familienunternehmen sich nicht wehren, wird sich da nichts tun“, betonte er. Eine bessere Energiepolitik, Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel sowie die Schaffung stabiler Rahmenbedingungen für Investitionen gehören weiterer Forderungen an die Politik.
Markus Handtmann, Co-Geschäftsführer von Albert Handtmann aus Biberach, äußerte, dass viele der behandelten Themen auch für sein Unternehmen von Bedeutung sind. Er möchte vor Ort bleiben und erwartet, dass die Anliegen der Unternehmen im politischen Diskurs Gehör finden. Ulrich Zimmermann von der Berg Brauerei wies darauf hin, dass es durchaus Chancen für Familienunternehmen gibt, die es zu nutzen gilt. „Es geht darum, welche Lösungen ich finde und wie ich damit umgehe“, sagte er.
Kirchdörfer schloss mit der Aufforderung, dass die Politik dringend handeln muss, um die Innovationsfähigkeit und Zukunft von Familienunternehmen zu sichern. Das Potenzial dieser Firmen ist ein entscheidender Faktor für die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands.
Details zur Meldung