Im Bereich Schach hat die Frage, wie gut Spieler im Aufspüren von Betrügern sind, neue Aufmerksamkeit erhalten. Der Schachgroßmeister und Wirtschaftswissenschaftler David Smerdon von der Universität Queensland in Australien führte dazu zwei spannende Experimente durch. In einem kürzlichen Podcast-Gespräch erklärte er den Teilnehmern, dass die Fähigkeit der Menschen, Betrüger zu erkennen, nicht viel besser ist als der Wurf einer Münze.
Smerdon recherchiert nicht nur akademisch, sondern will auch der Schachgemeinschaft helfen. In seinem ersten Experiment, dem "Cheating Challenge", nahmen acht Spieler mit unterschiedlichen Spielstärken an einem Doppelrundenturnier (Elo von 1600 bis 2300) teil. Die Teilnehmer erhielten vor bestimmten Runden den Hinweis, dass sie Unterstützung durch Schachengines erhalten könnten. Am Ende des Turniers durften die Spieler Punkte einsetzen, um andere der Betrügerei zu beschuldigen. Ein erfolgreiches Beschuldigen würde zusätzliche Punkte bringen, während eine falsche Beschuldigung zum Verlust der gesetzt Punkte führte. Auf diese Weise wollten die Forscher herausfinden, wie gut Spieler wirklich im Erkennen von Betrug sind.
Einblicke in den Cheating Challenge
Die Ergebnisse der ersten Studie waren aufschlussreich: Die Erfolgsquote bei den Beschuldigungen lag bei 69 Prozent. Das bedeutet, dass die Spieler geringfügig besser als Zufall waren, aber nicht signifikant. Smerdon bemerkte zudem, dass Spieler, die glaubten, einem Betrüger gegenüberzustehen, in ihren späteren Spielen deutlich schlechter abschnitten. Dies sei auf ein Gefühl von Ohnmacht und Scham zurückzuführen, das sich über die gesamte Turnierdauer auswirkte.
Eine weitere interessante Beobachtung war, dass auch die Betrüger in ihren eigenen Leistungen litten, sobald sie wussten, dass sie Schachengines nutzen. Sie waren so abgelenkt und fühlten sich schuldig, dass dies ihre Spielweise negativ beeinflusste. Dies stellt die Annahme in Frage, dass Betrüger durch gelegentliche Hilfe signifikante Vorteile im Spiel erhalten. Smerdon erklärte: „Das ist ein ceteris paribus-Ding; wenn alles andere gleich bleibt, wird dies geschehen. Das Problem ist, dass man nicht im üblichen Stärke spielt, wenn man weiß, dass man betrogen hat.“
Als entscheidendes Merkmal, das das Misstrauen von Spielern vorantreibt, stellte sich heraus, dass nicht die Punktedifferenz oder die Anzahl der engine-generierten Züge entscheidend war, sondern wie schlecht das Opfer gespielt hatte. Spieler, die viele Fehler machten, neigten dazu, eher ihre Gegner zu beschuldigen. Smerdon vermutet, dass dies ein psychologischer Mechanismus sein könnte, um eigene Fehler nicht eingestehen zu müssen.
Der „Kannst du einen Betrüger erkennen?“-Test
Smerdon führte ein weiteres, umfassenderes Experiment durch, das als der größte Test zum Thema Schachbetrug weltweit gilt. Hier lag die Erfolgsquote bei rund 54 Prozent. Die Teilnehmer mussten eine Umfrage mit sieben verschiedenen Schachpartien ausfüllen, wobei sie die Möglichkeit hatten, die Züge nachträglich mit einer Engine zu bewerten. Über 4000 Personen nahmen an diesem Test teil.
Die Ergebnisse übertrafen selbst Smerdons Erwartungen. Er wusste, dass der Test herausfordernd war, da er verschiedene unabhängige Spiele in einer anderen Umgebung bewertete. Dennoch äußerte er sich enttäuscht: „Mit einer so großen Stichprobe hätte man denken können, dass die Ergebnisse besser als Zufall sind. Es ist erschreckend, wie schlecht wir darin sind.“
Es stellte sich heraus, dass erfahrenere Spieler eine höhere Chance hatten, Betrüger zu erkennen, aber auch sie hätten oftmals nicht mehr als 58 Prozent erreicht. Selbst Großmeister Fabiano Caruana, der ebenfalls am Test teilnahm, erzielte nur 3 von 7 möglichen Punkten. Smerdon fasste zusammen: „Es ist eine extrem schwierige Aufgabe, und viele Spieler überschätzen ihre Fähigkeit, einen Betrüger zu erkennen.“
Der Forscher möchte, dass diese Studien das Bewusstsein schärfen und den Spielern als Orientierung dienen, um Betrug im Schach zu erkennen und darauf zu reagieren. Es zeigt sich, dass die Realität weit hinter den Erwartungen liegt und ein Umdenken im Umgang mit Betrug nötig sein könnte. Um mehr über Smerdons Forschung zu erfahren, können Interessierte die Präsentationsfolien zur Schachbetrugsforschung einsehen, die er kürzlich im Saint Louis Chess Club vorgestellt hat.
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