70 Jahre Staatsvertrag: Jugendliche fordern Klarheit zur Neutralität!
70 Jahre Staatsvertrag: Jugendliche fordern Klarheit zur Neutralität!
Wien, Österreich - Am 24. Juni 2025 fand im Nationalratsaal ein bedeutendes Event statt, das sich an die Jugendlichen der Republik richtete. Hier hatten rund 190 Schüler:innen im Alter von 14 bis 19 Jahren die Möglichkeit, Experten zu Fragen rund um den Staatsvertrag zu befragen, der vor 70 Jahren unterzeichnet wurde. Die Veranstaltung, moderiert von Bianca Ambros, Nachrichtenmoderatorin bei Puls 4 und Puls 24, ist bereits die dritte ihrer Art und richtet sich an die jüngere Generation, um deren Interesse an politischen Themen zu fördern. Ähnliche Formate wurden bereits vor der EU-Wahl und der Nationalratswahl durchgeführt.
Das zentrale Thema dieser Dialogrunde war die österreichische Neutralität und ihre zeitgemäße Relevanz. Parlamentsdirektor Harald Dossi erinnerte in seiner Eröffnungsansprache an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren und die damit verbundene Wiederherstellung der Souveränität Österreichs durch den Staatsvertrag von 1955. In diesem Kontext erläuterte Christoph Konrath, Leiter der Abteilung Parlamentswissenschaftliche Grundsatzarbeit, wie Staatsvertrag, Menschenrechte, Demokratie und Neutralität miteinander verbunden sind.
Experten und ihre Einsichten
Die Diskussion wurde durch zwei Experten bereichert: Lucile Dreidemy vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien und Martin Senn vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Innsbruck. Professor Senn charakterisierte den Kalten Krieg als einen zentralen Faktor für die Entstehung des Staatsvertrags, während Professorin Dreidemy feststellte, dass es damals kaum Umfragen gab, um die öffentliche Meinung zur Neutralität zu erfassen. Ein Gymnasiast stellte die Frage nach der Notwendigkeit der Neutralität in der heutigen Zeit. Senn betonte, dass die Antwort komplex sei und die Rolle der Vereinten Nationen in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung bleibt.
Ein weiteres Anliegen der Schülerinnen und Schüler war die Mitbestimmung in der Demokratie. Senn ermutigte die Teilnehmenden, sich aktiv in politischen Prozessen zu engagieren. Dabei wies Professorin Dreidemy auf die alarmierende Zahl von 1,5 Millionen Menschen hin, die im Vorjahr in Österreich nicht wahlberechtigt waren – ein Umstand, der die Demokratie gefährde.
Dimensionen der Neutralität
Die Diskussion zur Neutralität in Österreich stößt auch über das Ereignis hinaus auf erhebliches Interesse. Martin Senn beschreibt verschiedene Dimensionen der Neutralitätspolitik: Die Ausdeutung, die Attraktivität und die Abschreckung. Diese Aspekte erfahren eine Veränderung durch innerstaatliche Debatten und die geopolitischen Rahmenbedingungen. Laut Senn gab es in den letzten 25 Jahren zu wenig Diskussion über die österreichische Neutralität. Ein Punkt, der die Studenten auch interessiert hat.
Die Entwicklung der österreichischen Neutralität gab Senn in vier Phasen an: Von der Konsolidierung 1955 über die Expansion in den 70er und 80er Jahren bis zur Stagnation seit Mitte der 2000er-Jahre. Dieser Prozess beleuchtet, wie Österreich seine Neutralität nach dem Ost-West-Konflikt neu definierte und wie die Mitgliedschaft in der EU und die NATO-Partnerschaft mit Friedensmissionen als nicht im Widerspruch zur Neutralität angesehen wurden.
Die umfassende Betrachtung der österreichischen Neutralität durch die Experten und das Engagement der Jugendlichen während der Veranstaltung verdeutlichen die Relevanz und die Herausforderungen, vor denen die österreichische Gesellschaft heute steht. Das gemeinsame Ziel bleibt, das Erbe des Staatsvertrags zu schützen und die Demokratie weiter auszubauen.
Zu den Feierlichkeiten rund um den Staatsvertrag äußerten sich auch verschiedene politische Größen. Außenminister Leopold Figl hatte am 15. Mai 1955 erklärt: „Österreich ist frei“, was den Grundstein zu einer langen Tradition der Neutralität legte. Kanzler Stocker betonte die Wichtigkeit der Neutralität, während Vizekanzler Andreas Babler sie als Auftrag zum Schutz der Demokratie ansah. In einem dem Staatsvertrag gewidmeten Festakt erinnerten sich auch ehemalige Bundespräsidenten an die gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen der damaligen Zeit.
Diese Ereignisse und die laufende Diskussion um die österreichische Neutralität unterstreichen die Notwendigkeit eines respektvollen Dialogs über die Zukunft der Nation und die aktive Gestaltung ihrer politischen Identität.
Für weitere Informationen über die Diskussion zur österreichischen Neutralität lesen Sie bitte parlament.gv.at und orf.at.
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Ort | Wien, Österreich |
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