Dresden. Bei einer ungewöhnlichen Pressekonferenz im Rathaus, die eigentlich der Ankündigung einer Kooperation zwischen der Stadt Dresden und der Polizei dienen sollte, stellte Professor Marcel Schöne von der sächsischen Polizeihochschule seine Studie zur Wohnungspolitik in Dresden vor. Diese Präsentation entblößte erhebliche Probleme, insbesondere im Hinblick auf die Praktiken des Wohnungsunternehmens Vonovia, das schwere Vorwürfe erntete. Schöne erklärte, dass die Politik des Unternehmens in Stadtteilen wie Gorbitz und Prohlis zur Kriminalität und sozialen Konflikten beitrage. Seine zentrale Behauptung lautete: „Die Vonovia erzeugt ihre Probleme selbst.“
Die Pressekonferenz verlief nicht ohne Brisanz. Vertreter der Vonovia waren nicht anwesend und erfuhren erst durch Medienberichte von den Ergebnissen der Studie. Matthias Wulff, ein Sprecher des Unternehmens, bezeichnete diese Entwicklung als „unerfreulich“.
Vonovia: Engagement und Kritik
Professor Schöne beschreibt, dass er und sein Team bereits im Februar im Rahmen eines von Vonovia organisierten Besuchs in den Quartieren wichtige Daten für ihre Untersuchung erhielten. „Wir begrüßen, dass in schwierigen Stadtteilen geforscht wird“, so Wulff. Doch als die Forscher tiefere Einblicke wünschten, stellte man die Kommunikation ein. Auf wiederholte Anfragen, Informationen zu liefern, reagierte Vonovia nicht mehr.
Die Forschungsergebnisse verdeutlichen, dass die Vonovia eine entscheidende Rolle bei der Entstehung sozialer Brennpunkte in der Stadt spielt. Schöne berichtete über eine ausgeprägte Segregation der Mietergruppen in den verschiedenen Wohngebieten. Während alte und geringverdienende Menschen auf engstem Raum zusammenleben, führt dies häufig zu Spannungen und zu einem erhöhten Risiko für schädliche Verhaltensweisen.
Soziale Unterschiede und Kriminalitätsraten
Die Studie zeigt, dass in Gebieten wie Prohlis und Gorbitz die Kriminalität, inklusive Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, auffallend hoch ist. Schöne hebt hervor, dass durch die Art der Wohnungskonzeption und die Vermietungspraxis der Vonovia diese Probleme eher ans Tageslicht kommen. In schicken Stadtvierteln ähnliche Probleme jedoch versteckt bleiben, was zu einer verfälschten Wahrnehmung der Kriminalität zwischen verschiedenen sozialen Schichten führt.
In der Vergangenheit galten die Neubauwohnungen in Gorbitz und Prohlis als modern, doch mittlerweile sind sie gesellschaftlich stigmatisiert. Schöne spricht von „Ghettoisierungstendenzen“ und beweist mit seinen Untersuchungen, dass der Wohnraum nicht zufällig verteilt wird, sondern dass gezielt bestimmte Gruppen in bestimmten Wohnanlagen untergebracht werden. Dies führt nicht nur zu einer verstärkten Wahrnehmung von Kriminalität, sondern auch zu einem erhöhten Risiko für die Anwohner selbst.
Die Wohnsituation in Dresden spiegelt ein komplexes Zusammenspiel von sozialen und wirtschaftlichen Faktoren wider. Insbesondere die Behauptung, dass die Vonovia kein Geld mehr in die Sanierung bestimmter Häuser investieren will, fügt der Debatte eine weitere Dimension hinzu. Diese Strategie könnte in der Tat darauf abzielen, die Immobilien später profitabel an die Stadt zurückzuverkaufen.
Die Stadtverwaltung hat sich bislang nicht umfassend zu den Ergebnissen der Studie geäußert. Bürgermeister Jan Donhauser versprach, die Studie genauer zu prüfen und mit allen relevanten Akteuren Gespraeche zu führen.
Die von Marcel Schöne dargestellten Probleme und die unbeantworteten Fragen werfen ein Schlaglicht auf die Herausforderungen, die die Stadt Dresden in Bezug auf die Wohnungspolitik und die soziale Integration bewältigen muss. Die Vonovia versucht, die erhobenen Vorwürfe zu entkräften, indem sie betont, dass das Unternehmen zusammen mit der Stadt arbeitete, um Belegungsrechte gleichmäßiger zu verteilen. Doch Schöne bleibt skeptisch und bemerkt: „Die wenigsten Leute wohnen da, weil sie da wohnen wollen.“
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