In einer frischen Neuverfilmung des Klassikers „Hagen – im Tal der Nibelungen“ bringen die Regisseure Cyrill Boss und Philipp Stennert die Geschichte um den legendären Hagen aus dem Jahr 1986 auf die große Leinwand. Während der ursprüngliche Stoff Hagen als den klassischen Bösewicht darstellt, bietet diese Adaptation eine interessante Wendung, in der er nicht einfach nur als Verräter und Mörder des Helden Siegfried geschildert wird. Stattdessen liegt der Fokus auf einem vielschichtigen Charakter, der als treuer Waffenschmied und besorgter Unterstützer des neuen Königs Gunter dargestellt wird.
Der Film beginnt mit dem düsteren Setting einer von Hunnen bedrohten Burgund. Trotz der angedeuteten Bedrohung wird der Zuschauer schnell in die Welt der Burgunder und deren mythologischen Konflikte eingeführt. Die Bilder sind geprägt von einer grauen, matschigen Farbpalette, die die düstere Atmosphäre des Mittelalters betont. Diese Entscheidung hebt den Film von heroischen Darstellungen ab und richtet die Erzählweise auf die komplexen Beziehungen innerhalb der königlichen Familie.
Umdeutung zentraler Charaktere
Die Hauptfigur Siegfried wird hier nicht als strahlender Held, sondern als Anführer einer moralisch bedenklichen Söldnerschar dargestellt. Diese Gruppe, obwohl unbesiegbar im Kampf, wird von ihrem Kommandanten schnell in eine unvorteilhafte Situation gebracht, da er von Anfang an respektlos und schwierig zu handhaben ist. Im Fokus steht somit der Konflikt zwischen Hagen und Siegfried, um den sich auch die starken Frauen der Geschichte, Kriemhild und Brunhild, gruppieren.
Die Handlung bietet somit spannende Wendungen, die von einer unkonventionellen Perspektive auf diesen klassischen Nibelungen-Mythos erzählen. Dabei wird der Charakter Hagens zum Nachdenken angeregt: Vielleicht sind die pragmatischen und melancholischen Aspekte seiner Persönlichkeit besonders in der heutigen Zeit von Bedeutung. Sein Handeln, das oft als moralisch fragwürdig gilt, spiegelt die komplexen Entscheidungen wider, die politische Führer im realen Leben treffen müssen.
Ästhetik und Stil der Neuinterpretation
Trotz einer ansprechenden Inszenierung hat der Film mit den Erwartungen an ein deutsches Fantasy-Highlight zu kämpfen. Die filmische Umsetzung lässt leider sowohl Mut als auch die finanziellen Mittel vermissen, um aus dem Nibelungen-Beitrag ein episches Werk wie „Game of Thrones“ oder „Der Herr der Ringe“ zu schaffen. Stattdessen bewegt sich „Hagen – im Tal der Nibelungen“ zwischen gewissem Edeltrash und dem Gefühl von verschenktem Potential.
Die Darstellungen der Charaktere bleiben gemischt. Während Gijs Naber als Hagen überzeugt, bleibt Jannis Niewöhner als Siegfried ein strahlendes Vorbild schuldig. Seine Leistung wird als solide, jedoch unbeholfen beschrieben, was zu einem gewissen Gefühl der Enttäuschung führt.
In der Summe ist der Film eine interessante Erneuerung des Nibelungen-Stoffs, bietet jedoch nicht die ultimative Hingabe, die erfahrungsgemäß für große Fantasy-Werke erwartet wird. Es bleibt zu wünschen, dass das Potential dieser berühmten Erzählung in zukünftigen Umsetzungen vielleicht noch besser ausgeschöpft wird.
„Hagen – im Tal der Nibelungen“ startet am 17.10. in den Kinos. Für Fans von Genre-Filmen könnte er dennoch spannend sein, auch wenn er nicht ganz die Maßstäbe von großen Leuchtturmarbeiten erreicht.
Weitere Informationen und einen Trailer finden Sie auf www.swr.de.