Frankfurt/Main – In einer feierlichen Zeremonie wurde die Leipziger Autorin Martina Hefter mit dem Deutschen Buchpreis für ihr Werk „Hey guten Morgen, wie geht es dir?“ ausgezeichnet. Der 59-Jährigen fiel es sichtlich schwer, ihren Überraschungserfolg zu fassen, als ihr Name im Frankfurter Rathaus Römer genannt wurde. „Ich bin überwältigt und freue mich riesig“, äußerte sie sich nach der Preisverleihung.
Hefters Roman behandelt auf einfühlsame Weise Themen, die in der heutigen digitalen Welt von großer Relevanz sind. Das Buch erzählt die Geschichte von Juno, einer Künstlerin Mitte fünfzig, die sich um ihren an Multipler Sklerose erkrankten Mann, Jupiter, kümmert. Während Juno tagsüber mit der Pflege und dem Alltagsstress beschäftigt ist, findet sie nachts im Internet eine Art Flucht, indem sie mit sogenannten Love-Scammern kommuniziert. Diese Internetbetrüger versuchen, über gefälschte Profile Liebessuchende auszutricksen und finanziell auszubeuten.
Beziehung im digitalen Zeitalter
Ein zentraler Aspekt der Geschichte ist die konzeptionelle Frage: Wer betrügt hier eigentlich wen? Juno nutzt die Chats als Ablenkung und testet die Grenzen von Wahrheit und Fantasie. Als sie einen Betrüger überführt, entspinnt sich dennoch zwischen ihr und dem deutlich jüngeren Benu, der in Nigeria lebt, eine unerwartete Verbindung. Dieses Spannungsfeld zwischen Realität und Fiktion bietet viel Raum für Emotionen und gesellschaftliche Reflexionen über Liebe, Vertrauen und die digitale Identität.
Die Jury lobt Hefters Werk als „ein klug choreografiertes Buch“, das mythologische Elemente mit dem trostlosen Alltag verbindet. „Es navigiert zwischen Melancholie und Euphorie und reflektiert über zentrale menschliche Themen“, hebt die Jury in ihrer Begründung hervor. Für Hefter selbst ist es wichtig, dass das Buch nicht nur unterhält, sondern auch nachzuvollziehbare Gedanken anregt.
Während ihrer Dankesrede wandte sich Hefter auch gesellschaftlichen Fragen zu. Sie betonte, dass ihre Arbeit Vielen, die oft am Rande der Gesellschaft stehen, gewidmet sei. „Wir müssen wachsam sein und dürfen laut sein“, sagte sie und unterstrich die Vielfalt, die in der Literatur und der Gesellschaft Platz haben sollte. Die Autorin bezog sich auf Personen, die aufgrund ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts oder von Behinderungen möglicherweise gesellschaftlich ausgegrenzt werden.
Ein Preis mit Bedeutung
Der Deutsche Buchpreis gilt als eine der angesehensten Auszeichnungen der Buchbranche und wird in diesem Jahr bereits zum 20. Mal verliehen. Die Preisvergabe ist ein mehrstufiger Prozess, bei dem die Jury 197 Einsendungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sichtet. Letztendlich stehen drei Werke zur Auswahl, und neben Hefter waren auch bekannte Autoren wie Maren Kames und Clemens Meyer in der Finalrunde.
Der Preis ist mit einem Gesamtbetrag von 37.500 Euro dotiert. Der Gewinner erhält 25.000 Euro, während die übrigen Autoren auf der Shortlist jeweils 2.500 Euro erhalten. Im Vorjahr wurde der Preis an den Österreicher Tonio Schachinger für „Echtzeitalter“ vergeben. „Dieser Preis gibt Orientierung und spiegelt aktuelle Themen wider“, erklärte Karin Schmidt-Friderichs, die Vorsteherin des Börsenvereins, und betonte die wichtige Rolle der Literatur in der heutigen Zeit.
Martina Hefters Buch stellt nicht nur eine fesselnde Erzählung dar, sondern spiegelt auch die komplexen Themen der Selbstverwirklichung und der Herausforderungen im digitalen Zeitalter wider. Mit ihrem Erfolg beim Deutschen Buchpreis hat sie ein Zeichen gesetzt und ein Werk geschaffen, das weiterhin zum Nachdenken anregt.