In Werder (Havel) steht die Obstbaubranche vor großen Herausforderungen, nicht zuletzt durch die Spätfröste in diesem Jahr. Für Wissenschaftler des Instituts für Hydrologie und Meteorologie der Technischen Universität Dresden bietet sich in dieser schwierigen Zeit jedoch eine einmalige Gelegenheit. Professor Niels Schütze, der ein Projekt zur sparsamen Bewässerung von Obstplantagen leitet, erklärt, dass der Rückgang der Erträge durch die Frostschäden das Experimentieren mit neuen Bewässerungsmethoden fördert.
Zu diesem Zweck wurde vor zwei Jahren auf den Feldern der Havelfrucht GmbH ein umfassendes System zur Datenerfassung installiert. Sensoren und verschiedene Stationen messen präzise Werte wie Bodenfeuchte, Saftfluss der Bäume und das lokale Klima. Diese informationsreiche Datenbasis ist ein entscheidender Schritt in der Forschung, die darauf abzielt, die Bewässerung der Apfelbäume zu optimieren.
Effiziente Bewässerung durch neue Erkenntnisse
Ein zentrales Resultat, das die Forscher gewonnen haben, ist die Erkenntnis, dass es besser ist, Obstbäume in größeren Abständen intensiv zu bewässern anstatt täglich kleine Mengen Wasser zuzuführen. Was für Hobbygärtner vielleicht bekannt ist, wird nun durch gesammelte Daten konkretisiert: Es lässt sich genau bestimmen, in welchen Intervallen und mit welchen Wassermengen die Pflanzen zur optimalen Entwicklung bewässert werden müssen.
Diese innovative Herangehensweise hat nicht nur das Potenzial, den Wasserverbrauch deutlich zu reduzieren, sondern auch die Fruiterträge nachhaltig zu steigern. Das Projekt soll nicht nur für die Region Werder von Bedeutung sein. Professor Schütze erläutert, dass die entwickelten Modelle mit wenigen weiteren Bodendaten auch auf andere Obstbaustandorte angewandt werden können. Dies sei besonders wichtig, um den wachsenden Herausforderungen durch den Klimawandel zu begegnen.
Ein weiteres interessantes Ergebnis der Untersuchungen war der Vergleich des mikroklimatischen Geschehens auf der Glindower Platte mit den Daten der Potsdamer Wetterstation. Die Erkenntnis, dass die Temperaturen und Windgeschwindigkeiten in der Havelregion in der Regel niedriger sind, kann entscheidend für das Wachstum der Pflanzen sein. Während dies im Sommer hilfreich sei, um die Böden vor dem Austrocknen zu schützen, könnte die kalte Witterung im Frühjahr die Gefahr von Spätfrösten erhöhen.
Im Rahmen der geplanten Forschung wurde auch die Auswirkung von Spätfrösten auf die Kulturen genauer analysiert. Besonders in der Höhe der Apfelbaumkronen waren die Temperaturen in der kritischen Zeit vom 22. bis 24. April aufgrund verminderten Windes besonders niedrig. Dies führte zu verheerenden Schäden an den blühenden Bäumen, die bekanntlich sehr frostempfindlich sind.
Potenziale der Glindower Platte
Ein weiterer spannender Aspekt der Forschung ist eine umfassende Analyse der Bodenverhältnisse auf der Glindower Platte. Die Hydrologen stellen fest, dass die Böden weit besser sind als ihr Ruf. Die bestehende Tonschicht, die sich in einer Tiefe von 70 bis 100 Zentimetern befindet, funktioniert wie ein Wasserspeicher. Diese natürliche Eigenschaft der Böden ermöglicht es, dass die Obstbäume im Wurzelbereich bis zu 100 Millimeter Wasser speichern können.
Die Erkenntnisse aus dem Projekt, das durch das Land Brandenburg gefördert wird, könnten zukünftig zielgerichtet in weiteren Projekten genutzt werden. Dabei wird über die Erstellung eines Bewässerungsatlas oder einer speziellen App für Obstbauern nachgedacht. Um diese neu gewonnenen Erkenntnisse in der Branche zu verbreiten, wird am 8. Oktober im Schützenhaus ein Austausch mit verschiedenen Akteuren Sturm auf die Technische Universität Dresden, das Ministerium für Landwirtschaft und die Stadt Werder (Havel) stattfinden.
Für die Obstbauern in Werder, mag das Jahr mit den zahlreichen Widrigkeiten herausfordernd sein, jedoch für die Forschung birgt es die Möglichkeit, wertvolle Informationen für die Zukunft des Obstbaus zu sammeln und zu verbreiten. Die Entwicklungen könnten nicht nur für regionale, sondern auch für nationale landwirtschaftliche Praktiken von Bedeutung sein und dazu beitragen, die Ressourcen effektiver zu nutzen.