In einem brisanten Prozess in Paris wird Marine Le Pen, die ehemalige Chefin der rechtsextremen Rassemblement National (ehemals Front National), mit schwerwiegenden Vorwürfen konfrontiert. Staatsanwälte haben nach eineinhalb Monaten Verhandlungen festgestellt, dass Le Pen von 2001 bis 2016 ein „organisiertes System“ zur Veruntreuung von EU-Geldern etabliert hat. Im Fokus stehen Scheinbeschäftigungen von Assistenten für EU-Parlamentarier, die in Wahrheit für Parteiarbeiten in Frankreich bezahlt wurden.
Die Staatsanwaltschaft fordert eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren, davon drei auf Bewährung, sowie einen sofortigen Verlust des passiven Wahlrechts für fünf Jahre. Sollte Le Pen verurteilt werden, könnte sie nicht wie geplant an der Präsidentschaftswahl 2027 teilnehmen. Diese drohende Strafe könnte die politische Karriere der 56-Jährigen erheblich gefährden, denn das Anti-Korruptionsgesetz „Sapin 2“ sieht bei einer Verurteilung den automatischen Entzug des Wahlrechts vor.
Politisches Opfer oder rechtmäßige Strafe?
Le Pen sieht sich selbst als politisches Opfer und kritisiert die Vorwürfe als übertrieben. „Ich denke, der Wille der Staatsanwaltschaft besteht darin, den Franzosen die Fähigkeit zu nehmen, diejenigen zu wählen, die sie wählen wollen“, erklärte sie nach einem Plädoyer der Staatsanwaltschaft. Der Schaden, der durch den Missbrauch entstanden sein soll, beläuft sich auf 3,4 Millionen Euro, was die Staatsanwälte als „Milchkuh“ des Europäischen Parlaments bezeichnen.
Die politische Debatte über die möglichen Konsequenzen für Le Pen hat bereits begonnen. Während einige Politiker den Ausschluss von der Wahl als schockierend empfinden, betonen andere, dass die Justiz unabhängig sei und das Gesetz von den Volksvertretern beschlossen wurde. Der Ausgang des Verfahrens könnte nicht nur Le Pens Zukunft, sondern auch die politische Landschaft Frankreichs maßgeblich beeinflussen.