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Aufklärung heute: Diskussionskultur in Gefahr!

Im Deutschen Historischen Museum in Berlin eröffnet die neue Ausstellung mit dem Titel „Aufklärung ist ein nie abgeschlossener Prozess“, die die Relevanz der Aufklärung bis in die heutige Zeit beleuchtet. In einem interessanten Gespräch mit der Kuratorin Liliane Weissberg erklärt sie, warum die Themen der Aufklärung, insbesondere die Diskussion um Vernunft und Freiheit, hochaktuell sind.

„Es gibt eine Uneinigkeit, die produktiv wird. Man ist im Gespräch“, sagt Weissberg, während sie über die Diskussionskultur der Aufklärung spricht. Diese historische Bewegung setzte sich mit Grundfragen auseinander, wie Gleichheit und Emanzipation, die vielen Menschen auch heute noch wichtig sind. Aber nicht alle dieser Forderungen wurden in der Vergangenheit umgesetzt, was zu heutigen Fragen führt: Warum gab es damals Versäumnisse, und wie können wir die relevanten Forderungen heute verwirklichen?

Die Anfänge der Aufklärung

Die Kritik während der Aufklärung richtete sich vor allem gegen politische und kirchliche Institutionen. Diese Zeit war geprägt von der Überlegung: Wie kann ein ethisches System ohne kirchliche Dogmen funktionieren? Der Drang nach Reformen und die Forderung nach Veränderungen prägten die damalige Gesellschaft.

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Ein wichtiges Element der Aufklärung war die Möglichkeit, Wissen zu verbreiten. Die Lesekompetenz stieg, auch Frauen hatten Zugang zu Büchern. Massive Druckerzeugnisse und eine Vielzahl von Zeitungen überfluteten die Gesellschaft, besonders während der französischen Revolution. „Im ersten Jahr der Revolution wurden 300 Zeitungen in Paris gegründet“, erläutert Weissberg. Diese Entwicklungen schufen einen Raum für Debatten, der durch das Aufkommen von sozialen Netzwerken in der heutigen Zeit eine gewisse Parallele aufweist.

Ein Beispiel für die Gedankenwelt von damals ist ein Wettbewerb, den Friedrich der Große ausrichtete. Die zentrale Frage lautete: „Ist es nützlich für das Volk, betrogen zu werden?“ Dieses Dilemma ist nach wie vor relevant, wenn die heutigen Herausforderungen durch Fake News und Desinformation betrachtet werden.

Ambivalenzen und Herausforderungen der Aufklärung

Weissberg weist auch auf die Problematik hin, dass aufgeklärte Monarchen wie Friedrich der Große und Joseph II. in Wien oft im Widerspruch zu den Prinzipien der Aufklärung handelten. Ihre Toleranz blieb häufig auf dem Papier, während diskriminierende Gesetze und Edikte die Rechte von Minderheiten einschränkten.

Die Aufklärung brachte neben Fortschritt jedoch auch Gefahren mit sich. Kritiker wie Max Horkheimer und Theodor Adorno argumentierten, dass die Aufklärung zur Entwicklung von Rassismus und anderen Schrecken des 20. Jahrhunderts beitrug. Der Prozess des Sammelns und Ordnen, der für die Aufklärung typisch war, könne gefährlich werden, wenn er dazu führt, Hierarchien zu schaffen und Menschen in Kategorien einzuteilen.

„Wenn man menschliche Schädel in Systeme ordnet, entsteht eine Grundlage für Rassentheorien“, erklärt Weissberg. Diese historische Reflexion ist entscheidend, um die heutigen Herausforderungen besser zu verstehen.

Der Dialog über diese Themen ist jedoch nicht ohne Schwierigkeiten. Weissberg bemerkt ein abnehmendes Interesse an ernsthaften Diskussionen. „Die Diskussionskultur nimmt ab. Früher gab es Salons und Kaffeehäuser, wo man sich über wichtige Themen austauschte“, stellt sie fest. Heutzutage scheint es oft einfacher, Meinungen zu äußern, als sie auszudiskutieren. Dies, verbunden mit einem schwindenden Engagement für die Werte der Aufklärung, stellt eine kritische Entwicklung dar.

„Wenn wir nicht mehr an die Bedeutung von Redefreiheit und Gleichheit glauben, gehen wir einen bedenklichen Weg“, sagt Weissberg. Sie betont, dass die Aufklärung als kontinuierlicher Prozess verstanden werden sollte, der ständige Aufmerksamkeit und Teilnahme erfordert.

Die Ausstellung im Deutschen Historischen Museum ist vom 18. Oktober 2024 bis 6. April 2025 zu sehen und regt dazu an, die Lehren der Aufklärung zu reflektieren und aktuelle Debatten um diese zeitlosen Themen zu führen. Das vollständige Interview mit der Kuratorin Liliane Weissberg erschien in einer Sendung von rbbKultur, die auf eine spannende Erkundung der Aufklärung hinweist.

Quelle/Referenz
rbb24.de

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