Trotz eines Rekordhochs an Einnahmen stehen die meisten Kommunen in Hessen vor enormen finanziellen Herausforderungen. Der Hessische Rechnungshof präsentierte kürzlich seinen Kommunalbericht 2024 in Wiesbaden und warf ein kritisches Licht auf die finanziellen Spielräume der 443 Kommunen. Diese scheinen sich immer weiter zu verengen, während gleichzeitig der Fachkräftemangel in vielen Bereichen wächst und die Gemeinden vor unvorhersehbare Herausforderungen stellt.
Im Jahr 2022 konnten die hessischen Gemeinden das Jahr mit einem kleinen Finanzierungsüberschuss von 41 Millionen Euro beenden. Doch für 2023 hat sich die Situation dramatisch verschlechtert: Der Gesamtsaldo der Kommunen weist nun ein Minus von 694 Millionen Euro auf, was als das schlechteste Ergebnis seit 2013 angesehen wird. «Hier wirken sich sowohl die Gesamtsituation in Deutschland als auch in der Vergangenheit gesetzte Standards negativ aus», erklärte der Rechnungshofpräsident Walter Wallmann.
Rasant steigende Schulden
Besonders alarmierend ist der Anstieg der kommunalen Schulden. Der Rechnungshof berichtete, dass die Schulden der Kernhaushalte 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 691 Millionen Euro auf insgesamt 15,2 Milliarden Euro gestiegen sind. Hinzu kommen weitere 40,5 Milliarden Euro an Schulden in ausgelagerten Bereichen der Gemeinden. Man könnte sagen, dass die Schulden wie ein Eisberg sind: Ein erheblicher Teil bleibt verborgen und ist auf den ersten Blick nicht erkennbar. Auch verschiedene Eventualverbindlichkeiten, etwa durch Bürgschaften, belasten die finanzielle Situation.
In den letzten zehn Jahren sind die Einnahmen der hessischen Kommunen konstant gewachsen und haben sich nahezu verdoppelt. Im Jahr 2023 lagen die Einnahmen bei über 31 Milliarden Euro. Dennoch stellt der Rechnungshof klar, dass es nicht an den Einnahmen, sondern an den Ausgaben liegt. Diese steigen schneller als die Einnahmen selbst. Während die Einnahmen 2023 auf 32,1 Milliarden Euro anstiegen, betrugen die Ausgaben im Vorjahr nur 28,1 Milliarden Euro.
Wachsende Ausgaben und Bürokratie
Die größten Kostenfaktoren in den Kommunen sind Personalkosten mit 8,5 Milliarden Euro, Sachausgaben mit 8,1 Milliarden Euro und Sozialleistungen in Höhe von 7,5 Milliarden Euro. Im Vergleich zu anderen deutschen Bundesländern hat Hessen mit rund 5.000 Euro pro Kopf die zweithöchsten Ausgaben. Diese Kluft zwischen Einkommen und Ausgaben wird durch eine komplexe Bürokratie weiter verstärkt. Ein Beispiel dafür ist die Kommune Poppenhausen im Kreis Fulda, die aufgrund einer softwarebedingten Differenz bei einer Fördermittelabrechnung von nur fünf Cent in erheblichem Maße zusätzliche Bürokratiearbeit leisten musste.
Positiv hervorzuheben ist das Projekt «Bürgerservice 24/7» in Nidderau. Hier können Bürger rund um die Uhr benötigte Dokumente wie Meldebescheinigungen beantragen oder abholen, was den Service für die Bevölkerung erheblich verbessert. Diese digitalen Lösungen könnten ein Schritt in die richtige Richtung darstellen, während die Kommunen nach innovativen Wegen suchen, um den stark gestiegenen Anforderungen gerecht zu werden.
Ein weiteres Anliegen des Rechnungshofes ist die wirtschaftliche Lage der kommunalen Krankenhäuser, die sich seit dem ersten Klinikbericht vor elf Jahren nur verschlechtert hat. Die Defizite und Schulden der Krankenhäuser steigen weiter. Wallmann kritisierte, dass trotz Empfehlungen zur engeren Zusammenarbeit zwischen den Kliniken nur substanziell wenig umgesetzt wurde. Dies hat dazu geführt, dass die Kommunen durch Versäumnisse geschätzte Einsparungen in Höhe von einer Milliarde Euro hätten erzielen können.
Der Hessische Städte- und Gemeindebund sieht in den Ergebnissen des Rechnungshofes eine Bestätigung für die Forderungen der Kommunen nach einer gerechten Finanzausstattung. Die Kommunen stehen oft unter dem Druck, gesetzliche Vorgaben zu erfüllen, die ihre finanziellen Spielräume weiter einschränken. Dazu zählen etwa unzureichend geförderte Personalstandards in der frühkindlichen Betreuung.
Die vorgestellten Zahlen und Probleme des Rechnungshofes werfen ein kritisches Licht auf die aktuelle Finanzlage der hessischen Kommunen. Mit dem Aufruf zu mehr Zusammenarbeit und digitaler Vernetzung könnte möglicherweise ein Weg gefunden werden, die finanzielle Situation aufzuhellen.
Für weitere Informationen zu dieser Thematik, siehe den Bericht auf www.main-echo.de.