Eine besondere Veranstaltung fand kürzlich in der Stadtbücherei Dachau statt, bei der sich alles um die bewegende Lebensgeschichte der Überlebenden Emmie Arbel drehte. Die Münchner Künstlerin Barbara Yelin, die international für ihre künstlerischen Leistungen anerkannt ist, hat Arbels Geschichte in Form einer Graphic Novel festgehalten. Ihr Werk erhielt im kommenden Jahr den Max und Moritz-Preis für die künstlerische Auseinandersetzung mit den Themen Verfolgung und Flucht.
Auf der Veranstaltung wurden beeindruckende Auszüge aus Yelins Buch präsentiert, die mit lebendigen Bildern Arbels Erfahrungen aus den Durchgangslagern Westerbork sowie den Konzentrationslagern Ravensbrück und Bergen-Belsen dokumentieren. Die Erzählung springt zwischen verschiedenen Zeiträumen und bietet so einen tiefen Einblick in die komplexe Lebensrealität der Protagonistin.
Ein Leben in Aufzeichnungen
Emmie Arbel, geboren 1937 in Den Haag, erlebte die Schrecken des Zweiten Weltkrieges hautnah. Ihre Familie wurde 1942 von den Nazis deportiert, und die grausamen Umstände führten dazu, dass ihre Mutter 1945 im Konzentrationslager verstarb. Ihr Vater wurde in Buchenwald ermordet. Trotz dieser traumatischen Erlebnisse wagte sie den Schritt nach Israel, wo sie auf Barbara Yelin traf, um an dem internationalen Projekt „Survival-centered Visual Narratives“ mitzuarbeiten. Hierbei geht es darum, die Geschichten von Überlebenden durch Kunst festzuhalten.
Ursprünglich als 40-seitige Auftragsarbeit mit dem Titel „Aber ich lebe“ konzipiert, wurde schnell klar, dass es nicht möglich war, ein ganzes Leben in so wenig Raum zu packen. So kam die Idee für die umfassendere Graphic Novel „Emmie Arbel. Die Farbe der Erinnerung“ auf, die letztes Jahr veröffentlicht wurde.
Der kreative Prozess
Yelin wollte anfangs einen professionellen Abstand zu ihrer Protagonistin wahren, erlaubte sich jedoch zunehmend, persönliche Einblicke in Arbels Leben zu gewinnen. Die beiden Frauen verbrachten viel Zeit miteinander, und während dieser Zeit erforschte Arbel, welche ihrer Erinnerungen erzählt werden durften und welche für immer verborgen bleiben sollten. Yelin bemerkte, wie wichtig diese alltäglichen Momente waren, um einen authentischen Eindruck von Arbels Leben zu bekommen.
Die Beschäftigung mit der eigenen Vergangenheit ist für Arbel nicht leicht. Sie musste sich traumatische Erfahrungen ins Gedächtnis rufen, die lange Zeit im Verborgenen lagen. Insbesondere die Erinnerungen an den Missbrauch durch ihren Pflegevater nach der Befreiung aus dem KZ blieben für sie eine Herausforderung. Arbels Rückblick auf diese Zeit ist von einer bemerkenswerten Ehrlichkeit geprägt, wenn sie darüber spricht, wie sie sich gefühlt hat: „Ich erinnere mich, ich erinnere mich nicht.“ Diese zerrissene Erinnerung ist zentral in der Graphic Novel und spiegelt Arbels Kämpfe wider.
Yelin stellte Arbels Erinnerungen in Bildern dar, die als „Gehstöcke“ für die Erkundung ihrer Vergangenheit fungierten. In Momente, in denen Unsicherheiten auftraten, stellte Yelin Fragen wie „Ist es so gewesen, Emmie?“ und half damit, Arbels Erinnerungen zu aktivieren und neu zu ordnen. Die Erzählung selbst ist nicht linear, was den chaotischen Charakter von Erinnerungen unterstreicht.
Die Entscheidung der Überlebenden, ihre Lebensgeschichte zu teilen, verfolgt auch ein größeres Ziel: Sie hofft, dass die Erinnerung an die Shoah in der Geschichte einzigartig bleibt. Die Wahl des Ortes, Dachau, hat dabei eine besondere Bedeutung, da es auch die historische Last des Nationalsozialismus in sich trägt. Die Graphic Novel wird somit nicht nur zu einem Kunstwerk, sondern auch zu einem wichtigen Dokument, das die Geschichte von Emmie Arbel bewahrt und weitergibt.
Für weitere Informationen über die Veranstaltung und die Graphic Novel von Barbara Yelin, finden sich detaillierte Berichte hier.
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