Polen führt Schießunterricht für Schüler ein: Sicherheit oder Provokation?

Iłża, Polen - Polen hat kürzlich das Pflichtfach „Sicherheitserziehung“ für Schülerinnen und Schüler im Alter von 14 bis 15 Jahren eingeführt. Im Rahmen dieses Unterrichts wird den Jugendlichen der Umgang mit Schusswaffen beigebracht. Soldaten der polnischen Armee unterrichten in der Stadt Ilza, südlich von Warschau, die Schüler in der Handhabung von Standardwaffen. Dies geschieht vor dem Hintergrund eines gestiegenen Sicherheitsrisikos aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Schüler und Lehrer äußern, dass sie sich durch das Training besser auf potenzielle Konflikte vorbereiten können. Die Lehrerin betont den Mehrwert dieser Ausbildung in unsicheren Zeiten, während viele Schüler die Meinung vertreten, dass der Unterricht eine Vorbereitung auf den Krieg darstellt.

Die Regierung Polens, unter Präsident Donald Tusk, hat in den letzten Jahren das Militär erheblich aufgerüstet und investiert etwa vier Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung. Diese Initiative wird auch als Mittel angesehen, um Philopatriotismus und Resilienz zu fördern, angesichts der kollektiven Erinnerung an polnische Souveränitätsverluste in der Vergangenheit. Ein Beispiel dafür ist die Verstärkung des Militärs durch den Kauf von US-Kampfhubschraubern und modernen Panzern aus Südkorea. Auch die Verlagerung von Kampfpanzer an die russische Kaliningrad-Grenze im November 2024 spielt in diesem militärischen Kontext eine Rolle. In Polen wird die Notwendigkeit einer wehrhaften Nation stark betont, insbesondere in Anbetracht der Drohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin gegenüber Europa.

Gesellschaftliche Reaktionen

Der Schießunterricht polarisiert die polnische Gesellschaft. Eine nationale Umfrage zeigt, dass 41 Prozent der Polen für den Unterricht sind, während 45 Prozent dagegen sind. Kritiker argumentieren vehement, dass Kinder in diesem Alter nichts mit Waffen zu tun haben sollten. Gleichzeitig betonen Befürworter, dass das Training nicht nur den Umgang mit Schusswaffen umfasst, sondern auch Disziplin, Präzision und Verantwortungsbewusstsein vermittelt. Laut Bastian Sendhardt vom Deutschen Polen-Institut lernen die Schüler, wie man ein Gewehr bedient, nicht wie man tötet, was die Argumentation der Befürworter unterstützt.

Zusätzlich zu den Schießübungen beinhaltet der Unterricht auch praktische Inhalte wie Erste Hilfe und Verhalten im Katastrophenfall. Der Direktor eines Gymnasiums in Iłża, Leszek Giemza, hebt hervor, dass der Unterricht vielseitige Fähigkeiten fördert. Viele Schüler haben durch diese Schießtrainings sogar ihren Weg in Schützenvereine gefunden. Das Verteidigungsministerium finanziert dabei sowohl den Schießstand als auch eine Vollzeitstelle für einen Schießlehrer, der die Schüler mit realistischen Nachbildungen von Waffen trainiert.

Internationale Perspektiven

Im Vergleich zu Polen vermittelt Russland bereits im Kindergarten ein militärisches Verständnis. Mit Aktivitäten wie Gedichten über Vaterlandsverteidiger und militärischen Spielen wird auch hier patriotisches Bewusstsein gefördert. In Schulen werden spezielle Diskussionen und Mini-Paraden organisiert, um die militärische Tradition zu stärken. Die Organisation Junarmija, die dem russischen Verteidigungsministerium untersteht, bildet jährlich 1,3 Millionen Kinder und Jugendliche paramilitärisch aus, was den Ansatz zur Waffenausbildung in Polen umso interessanter erscheinen lässt.

Insgesamt zeigt sich, dass das Thema Schießunterricht in Polen komplex und vielschichtig ist. Es spiegelt wider, wie sich die geopolitische Lage auf das Bildungssystem auswirkt und wie unterschiedlich die Gesellschaften in ihren Ansichten zu Sicherheit und Militärsituation sind. Während viele diese Maßnahmen als notwendig erachten, sehen andere die Gefahren einer solchen frühen Waffenbildung für Jugendliche.

Für weitere Informationen zu diesem Thema lesen Sie auch die Artikel von Krone, Focus und MDR.

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Ort Iłża, Polen
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