Hermine Mayr: Letzte Katakombenlehrerin kämpfte bis zum Ende um Heimat

Am 20. Mai 2025 starb die letzte Katakombenlehrerin Hermine Mayr im Alter von 107 Jahren in Südtirol und hinterließ ein Vermächtnis.
Am 20. Mai 2025 starb die letzte Katakombenlehrerin Hermine Mayr im Alter von 107 Jahren in Südtirol und hinterließ ein Vermächtnis.

Schenna, Südtirol, Italien - Hermine Aloisia Mayr, die letzte Katakombenlehrerin Tirols, ist am 20. Mai 2025 im Alter von 107 Jahren in Südtirol verstorben. Sie wurde am 23. April 1919 in Kurtasch, Deutsch-Südtirol, geboren, als das Gebiet noch zu Deutschösterreich gehörte. Nach der Annexion durch Italien, die 1919 als Teil des Vertrages von Saint-Germain formell stattfand, kämpfte sie ihr Leben lang darum, ihre österreichische Staatsbürgerschaft zurückzuerlangen. Trotz ihrer Bemühungen wurde sie von der Republik Österreich abgelehnt. Dies wurde von vielen als Unrecht empfunden, wobei die Politik für ihre Situation häufig dem Druck der Assimilierungspolitik unter Mussolini zugeschrieben wurde, die die Südtiroler zur italienischen Staatsbürgerschaft zwangen, was eine massive kulturelle Umstellung bedeutete.

Hermine Mayr unterrichtete im Geheimen Kinder in ihrer Muttersprache Deutsch während einer Zeit, in der es strafbar war, den Unterricht auf Deutsch zu erteilen. Ihre Klassen fanden heimlich auf Bauernhöfen und in Gasthäusern statt. Dies machte sie zu einer der letzten Figuren in einer Reihe von mutigen Frauen und Männern, die in der „Katakomben“-Schule arbeiteten. Hermine erzählte von den Herausforderungen, die sie und ihre Kolleginnen ertragen mussten, um die Tradition der deutschsprachigen Bildung zu bewahren. Diese Form der Unterrichtsorganisation war eine direkte Konsequenz aus dem starken Assimilationsdruck, der auf den Südtirolern lastete, und den politischen Veränderungen des 20. Jahrhunderts, wie die Geschichte Südtirols zeigt.

Ehrung und Anerkennung

Hermine Mayr wurde posthum vom „Andreas Hofer Bund Tirol“ geehrt, welcher die Politik für ihre Situation verantwortlich macht und die Gewährung ihrer österreichischen Staatsbürgerschaft fordert. Diese Unterstützung ist für viele zur symbolischen Geste geworden, die die anhaltenden Spannungen zwischen den ethnischen Gruppen in Südtirol widerspiegelt. Der Bund und zahlreiche Unterstützer, darunter der Südtiroler Schützenbund und die FPÖ-Politikerin Gudrun Kofler, drückten ihr Dank aus und würdigten ihren unermüdlichen Einsatz.

Der österreichische Ministerrat hatte ihr zuletzt die Rückgabe der Staatsbürgerschaft verweigert, angeblich weil man von einer 104-Jährigen keine Leistungen oder Erfolge mehr erwarten könne. Die emotionale Belastung dieser Ablehnung war groß und schmerzte viele, die sich mit Hermine identifizierten und ihre Kämpfe verfolgt hatten. Sie starb in dem Bewusstsein, als Österreicherin zu leben und sterben zu wollen, was ihr jedoch verwehrt blieb. Gemeinsam mit ihren Eltern hatte sie nie auf die österreichische Staatsbürgerschaft verzichtet und zeitweise auch nach dem Krieg Schüler durch Nachhilfe unterstützt.

Ein Leben im Wandel

Die Biografie von Hermine Mayr spiegelt die komplexe und oft tragische Geschichte Südtirols wider. Historisch gesehen war das Gebiet bis zur Besetzung durch italienische Truppen 1918 ein Teil Tirols, und das nationale Gefühl unter den deutschsprachigen Südtirolern war stark ausgeprägt. Hermine erlebte den Wandel von einem für die deutschen Tiroler günstigen politischen Klima zu einem, das ihnen die Zugehörigkeit zur italienischen Kultur aufzuzwingen versuchte. Ihre persönlichen Erinnerungen sind auch ein Teil der kollektiven Erinnerung aller Südtiroler, die den Kampf um kulturelle Identität und soziale Gerechtigkeit fortsetzen.

In ihrer letzten Ruhestätte in Schenna wird Hermine Mayr nicht nur als eine Lehrerin in Erinnerung bleiben, sondern auch als Symbol für den unermüdlichen politischen Kampf der Südtiroler um ihr Erbe und ihre Identität, gegen einen langen und oft schmerzhaften Prozess der Assimilation und des Verlusts von Angehörigkeit.

Details
Vorfall Sonstiges
Ort Schenna, Südtirol, Italien
Quellen