In der von Russland als unabhängig anerkannten Region Abchasien, die zwischen den Kaukasusbergen und der Schwarzmeerküste liegt, kam es am Freitag zu massiven Protesten, bei denen hunderte Menschen das Regionalparlament stürmten. Anlass hierfür war ein umstrittenes Investitionsabkommen mit Russland, das in der Legislatur zur Abstimmung stand. Videos, die von der russischen Nachrichtenagentur Tass verbreitet wurden, zeigen, wie Demonstranten gewaltsam in das Parlament eindrangen und auch die Kontrolle über die angrenzende Präsidialverwaltung übernahmen. Die Proteste hatten sich bereits am Anfang der Woche angedeutet, als die Opposition gegen die Ratifizierung des Abkommens mobil machte, das russischen Unternehmen den Zugang zum abchasischen Immobilienmarkt ermöglichen sollte, was die Angst vor einem Ausverkauf an zahlungskräftige Russen schürte.
Die Situation eskalierte, als die Polizei versuchte, die Demonstranten mit Tränengas zurückzudrängen. Berichten zufolge durchbrach ein Lastwagen die Tore des Parlamentskomplexes und es kam zu weiteren Auseinandersetzungen, bei denen die Demonstranten Eier und Plastikflaschen auf die Polizei warfen. Im Anschluss an die Ausschreitungen kündigte der Präsident von Abchasien an, dass die Regierung das Abkommen zurückziehen wolle. „Die Präsidialverwaltung bereitet ein Dokument vor, um den Gesetzesentwurf aus dem Parlament zurückzuziehen“, erklärte ein Sprecher in der Messaging-App Telegram. Diese Entscheidung wurde als notwendig erachtet, um die Lage in der Republik zu stabilisieren. Vor dem Hintergrund der Proteste steht die abchasische Führung unter immensem Druck, nachdem bereits im November seltene Proteste gegen die Regierung zum Rücktritt des bisherigen Präsidenten Aslan Bschania führten, wofür der aktuelle Präsident Gunba nun interimistisch das Amt ausübt, so berichtete die Kleine Zeitung.
Das Investitionsabkommen, das russischen Unternehmen gestattet hätte, Projekte in Abchasien zu initiieren, wird von der Bevölkerung als Bedrohung angesehen. Insbesondere befürchtet die Opposition, dass diese Regelung Einheimische vom Immobilienmarkt verdrängen könnte, nachdem der Kauf von Immobilien durch Ausländer in der Region seit 1995 verboten ist. Das Parlament hatte zuvor geplant, über die Ratifizierung des Abkommens abzustimmen, welches im Oktober in Moskau unterzeichnet worden war. Diese Entwicklungen in Abchasien werfen ein Schlaglicht auf die zunehmenden Spannungen zwischen pro-russischen Kräften und der einheimischen Bevölkerung, die um ihre Zukunft fürchtet, während Russland weiterhin seine machtorientierte Politik in der Region verfolgt. Außerdem wird die Situation weiter durch die militärische Präsenz Russlands in Abchasien und Südossetien kompliziert, die beim fünftägigen Krieg zwischen Moskau und Tiflis im Jahr 2008 folgte, als Abchasien von Russland als unabhängig anerkannt wurde, wie die Die Presse berichtete.
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